Project:
Contact:
Object:
Type:
Studie des WWF
Location:
überall
Country:
Weltweit
Architect:
Beck-O’Brien, M., Egenolf, V., Winter, S., Zahnen, J., Griesshammer, N. (Autoren)
Materials:
Holz
Published:
arc mag 01/2023
Pages:
48 - 51
Content:
[article]      
 

Der WWF zeigt in einer Studie auf, dass der globale Holzverbrauch zu hoch ist

Auf dem Holzweg

Der World Wildlife Fund for Nature (WWF) hat eine Studie vorgelegt, die besagt, dass langfristig der weltweite Bedarf an Holz nicht befriedigt werden kann. Der zunehmend steigende weltweite Verbrauch würde zu einer verstärkten Rodung führen und den bestehenden Klimawandel letztlich noch einmal beschleunigen.
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Auf Seite 14 seiner Studie "Alles aus Holz – Rohstoff der Zukunft oder kommende Krise" bringt der WWF das Dilemma mit einem Gedankenspiel auf den Punkt: Er fragt, wie viel Prozent aller Wälder erforderlich wären, um damit den kompletten weltweiten Energiebedarf von nur einem einzigen Jahr zu decken? Die erschreckende Antwort lautet: fast alle! Schon im zweiten Jahr müssten wir weitgehend auf eine Holznutzung verzichten, da es kaum mehr nutzbare Wälder gäbe.
Der Holzverbrauch ist seit 1961 – also in den letzten sechs Jahrzehnten – von 2,5 Milliarden Kubikmetern Holz ohne Rinde (die Einheit, in der hier üblicherweise gerechnet wird) auf 3,9 Milliarden Kubikmeter Holz ohne Rinde im Jahr 2020 gestiegen. Dabei wird etwa die Hälfte des weltweit geernteten Holzes direkt zum Kochen oder zum Heizen verwendet, die andere Hälfte wird hingegen industriell eingesetzt: Daraus entsteht etwa Zellstoff, Papier, Schnittholz, Chemikalien oder Holzverbundstoffe. Weshalb, wofür und was für Holz verbraucht wird, ist regional sehr unterschiedlich: So verbrauchen die Europäer fast doppelt so viel Holz wie der weltweite Durchschnitt. Der Großteil des Holzeinschlags in Asien, Afrika und Südamerika dient als Brennholz, wohingegen 80 Prozent des Holzes in Nordamerika und in Europa in die Industrie gehen.
Länder mit einem allgemein höheren Holzverbrauch sind – wie festgestellt – durchweg die reichen Industrieländer Europas und Nordamerikas, hier wird überdies der Holzverbrauch als Alternative zu fossilen Brennstoffen finanziell gefördert. In der EU macht die Bioenergie (Wasser-, Windkraft und Photovoltaik zählen nicht dazu) derzeit rund 60 Prozent der erneuerbaren Energiegewinnung aus. Dazu zählt die Produktion etwa von Biogas oder von Biokraftstoffen, aber auch das Verfeuern von holzbasierten Brennstoffen wie Pellets.
Die Studie verweist zudem auf einen anderen Aspekt: Die weltweite kommerzielle Holzernte müsste auf gut 8 Milliarden Kubikmeter Holz ohne Rinde verdoppelt werden, um überhaupt zwei Prozent des weltweiten Energiebedarfs dauerhaft aus Holz zu decken. In diesem Punkt kommt sie zu dem Schluss, dass bei den derzeitigen Energieverbrauchsmengen der Ersatz der fossilen Brennstoffe durch Biomasse nicht ansatzweise eine Option ist.
Holz als Baustoff
Parallel zur energetischen Holznutzung expandieren auch Märkte für Holzprodukte. So ist die weltweite Produktion von Holzwerkstoffen seit den 1960er- Jahren fast um das 15-Fache gestiegen. Ebenfalls zugenommen hat in den letzten Jahren die Produktion von Schnittholz, das vorzugsweise im Baugewerbe verwendet wird.
Erwähnung findet in der Studie ein Preisanstieg von Bauholz in den USA von bis zu 700 Prozent, der mit einem Boom im Wohnungsbau in Verbindung gebracht wird. Eigene Recherchen bei Zimmerleuten und Sägewerken in Deutschland ergaben hier jedoch ein entgegengesetztes Bild: Aktuell liegt der Einkaufspreis von Konstruktionsvollholz (KVH), welches vorzugsweise für den Holzrahmenbau von Holzbauten genutzt wird, so niedrig wie seit Jahren nicht mehr. Als Ursache hierfür wird eine aktuelle Überproduktion gesehen, insbesondere hervorgerufen durch die aktuelle Borkenkäferplage bei Fichten, die überwiegend zur Bauholzherstellung verarbeitet werden.
Nachwachsen braucht mehr Zeit
Die Studie benennt auf Seite 13, dass im Jahr 2020 3,9 Milliarden Kubikmeter Holz OHNE Rinde geerntet wurden, stellt aber auf Seite 46 fest, dass in besagtem Jahr 4,3 bis 5,0 Milliarden Kubikmeter Holz MIT Rinde geerntet wurden. Der Autor geht davon aus, dass es sich dabei um denselben Umfang an Holzeinschlag handelt. Dieser wird zurecht als alarmierend hoch erachtet, zumal gleichzeitig festgestellt wird, dass weltweit nur 3,0 Milliarden Kubikmeter Holz mit Rinde geerntet werden sollten, sofern man ernsthaft eine nachhaltige Bewirtschaftung der Wälder betreiben will. Nachwachsen benötigt einfach Zeit. Dies sei zu berücksichtigen, sofern der Schutz von Biodiversität und Klima ernsthaft betrieben werden soll.
Schlussfolgerung
Folgerichtig schlägt die Studie einen verringerten Holzverbrauch als beste Lösung vor. Es gilt, die verbliebenen Wälder zu erhalten und gleichzeitig zu versuchen, die Bedarfslücke zwischen der Holznachfrage und dem tatsächlichen Angebot zu schließen. Die Studie sieht sich dementsprechend als Warnsignal und richtet abschließend sechs Schlüsselbotschaften an die politischen Entscheidungsträger:
- Es sollten Prioritäten in der Holznutzung gesetzt werden.
- Der illegale Holzeinschlag und -handel sollte effektiv bekämpft werden (nach der Studie macht er etwa ein Drittel des weltweiten Holzhandels aus).
- Die Waldwirtschaft muss gesunde, resilente und natürliche Wälder zum Ziel haben.
- Der Verbrauch ist zu überwachen, Richtwerte sind festzulegen.
- Ökologische Fußabdrücke sind für die Nachhaltigkeitsbetrachtung der Holznutzung einzuführen.
- Insbesondere für die letzten beiden Punkte ist in umfangreiche Forschung zu investieren.
Das Fazit ist im Grunde ein banaler Gedanke: Allein auf Holz zu setzen – in der Annahme, dass es schon in ausreichendem Maß von allein nachwächst – ist ein Irrweg. Seine Nutzung muss verantwortlich geregelt werden. Holz allein ist nicht das Allheilmittel aller Probleme; es gilt den richtigen Rohstoffmix zu finden.
Robert Mehl, Aachen