Project:
Contact:
Object:
Olympic Sports Center
Type:
sports stadium
Location:
Suzhou [satellite]
Country:
VR China
Architect:
gmp Architekten 🔗, Hamburg
Materials:
sbp 🔗, Stuttgart (structural design)
Published:
structure 02.05.2019
Pages:
online
Content:
[article]      
 

Stadion des Olympic Sports Center in Suzhou

Radspeichen über der Gartenstadt

Im chinesischen Suzhou, westlich von Schanghai hat das deutsche Architekturbüro gmp einen olympisches Sportzentrum mit Stadion, Wettkampfhalle und Schwimmbad realisiert. Das Stadiondach ist die erste einlagige Kabelnetzkonstruktion in China.
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Das 4,3 Mio. Einwohner zählende Suzhou, etwas über 80 km westlich von Schanghai gelegen, gilt als die Gartenstadt China's: Neun seiner Gärten zählen zum Weltkulturerbe der UNESCO. Entsprechend knüpfte das Hamburger Architekturbüro gmp mit seinem Sportzentrum an die Idee eines Gartens an. Entstanden ist ein Sport- und Bürgerpark mit einer funktionalen Durchmischung von Grün- und Wasserflächen, die vier Großbauten umschließen: Ein 45.000 Besucher fassendes Stadion, eine Wettkampfhalle für 13.000 Sportfans, eine Schwimmhalle mit 3.000 Plätzen sowie eine große Shopping- Mall. Die vier Solitärbauten stehen auf bis zu 12 m hohen Podien inselartig in dem Parkareal. Allen gemein ist eine reliefartige Fassadengliederung mit Horizontalen Linien, die mal aus hellem Naturstein, mal aus matt-weißen Metall besteht.
Assoziationen zu Kapstadt
Städtebauliches, aber sicher auch emotionales Zentrum des Olympic Sports Center ist zweifellos das neue Stadion. Mit seiner, an einen Westernsattel gemahnende, sich elliptisch zu den Spielfeldstirnseiten aufschwingenden Traufkante und der erwähnten Horizontalgliederung seiner vertikalen Außenflächen, weckt es subtil Assoziationen zum Stadion von Kapstadt, das gmp 2010 für die Fußballweltmeisterschaft in Südafrika schuf. Aufgehendes Tragwerk und Dachkonstruktion unterscheiden sich jedoch davon diametral.
Tatsächlich handelt es sich bei dem Dach um die erste einlagige Kabelnetzkonstruktion Chinas. Dabei muss man sich die Dachfläche wie ein gespeichtes Fahrrad- Rad vorstellen, das deckelartig auf einer großen Schüssel liegt. An seinen Speichen ist eine Folie aus Polytetrafluorethylen (PTFE) fixiert, die den Raum darunter vor Regen und Sonne schützt. Während bei einem Fahrrad die Speichen alle in einer Narbe zusammenlaufen, gibt es hier zwei Zugringe, die gegeneinander mit Luftstützen - frei schwebenden Druckgliedern - ausgesteift sind. Dieses Dachtragwerk wird von allen Seiten mittels radialer Stahlseilachsen straff nach außen gezogen und so in der Schwebe gehalten. Entsprechend gibt es wie bei einem Fahrrad eine Felge, hier ebenfalls einen außen umlaufenden Druckring, der die inneren Zugkräfte kontert. Dieser Ringanker liegt völlig momentenfrei auf der Fassade des Stadionrundkörpers auf.
Das Hochziehen der Trauflinie hat hingegen keine statischen Erfordernisse, sondern resultiert aus der inneren Funktionalität. In diesen Bereichen liegen die Spielfeldschmalseiten und damit auch die Tribünenecken mit den größten Zuschauerentfernungen zum Spielfeld. Ein niedriges Dach würde hier die Sicht behindern. Der formale Kunstgriff ermöglicht zudem ein, die Sichtlinien nicht störendes Aufhängen von Großbildschirmen, die in dieser Eckposition unterhalb des Stadiondachs weltweit üblich sind.
Verneigung der Fassade
Die halboffenen Fassadenflächen des Stadions bestehen aus einer halboffenen licht und luftdurchlässigen Blechbeplankung. Sie wurde gefertigt, aus einer widerstandsfähigen Aluminium- Magnesium- Mangan- Legierung. Fixiert sind die horizontal angeordneten Metallpaneele an sichtbar geneigten und weiß lackierten, V-förmigen Stahlrundstützen. Deren beachtliche Durchmesser resultieren vor allem aus der Dachlast, die sie ebenfalls aufnehmen und in die Fundamente ableiten.
Robert Mehl, Aachen
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