Project:
Contact:
Object:
KfW Bank
Type:
office building
Location:
Frankfurt/M. [satellite]
Country:
Germany
Architect:
Sauerbruch Hutton 🔗, Berlin
Materials:
Published:
DBZ 01/2011
Pages:
52 - 59
Content:
[article]      
 

Erweiterung der KfW, Frankfurt/M.

Ein Farbstrichgebirge

Frankfurter Bankenviertel, dort wo zahlreiche Hochhäuser um die größte Nähe zu den Wolken buhlen, sorgt die KfW- Bank mit einem nur 14 Stockwerke zählenden Bau für Furore. Das Gebäude ist nicht nur betörend farbig, es ist darüber hinaus eines der nachhaltigsten Hochhäuser der Welt.
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Etwas nordwestlich des Frankfurter Innenstadtkernes, dort wo die Bockenheimer Landstraße die Zeppelinallee kreuzt, liegt die Hauptverwaltung der KfW Bankengruppe – oder ausgeschrieben – der Kreditanstalt für Wiederaufbau. Wie der Name schon andeutet, ist die KfW keine Privatbank, sondern eine Anstalt des öffentlichen Rechtes, gehört dem Bund und unterliegt der Aufsicht des Bundesministeriums für Finanzen. Die KfW Bankengruppe versteht sich als Förderbank und will weltweit Impulse für Wirtschaft, Gesellschaft und Ökologie setzen. Sie unterstützt in konkreten Projekten die nachhaltige Verbesserung der wirtschaftlichen, sozialen und ökologischen Lebens- und Wirtschaftsbedingungen und ist somit auch ein Instrument der Entwicklungshilfe – sowohl national, wie auch international.
2004 stand eine Erweiterung der Hauptverwaltung in Frankfurt an und selbstverständlich wollte man mit diesem Bau auch einen Impuls setzen: für nachhaltige Architektur. Den entsprechenden zweistufigen Wettbewerb konnten die britisch-deutschen Architekten Louisa Hutton und Mathias Sauerbruch mit dem nunmehr realisierten Entwurf für sich entscheiden. Kennzeichnend dafür ist, dass die intendierte Nachhaltigkeit des Gebäudes eben nicht nur ein Etikett ist, das man mittels einer hoch entwickelten Haustechnik in einem beliebigen Volumen nachträglich einbauen kann. Vielmehr liegt der formalen Umsetzung ein Ideal der Architekturlehre zugrunde: „form followsfunction“. So begründen sich sowohl die Kubatur, wie auch die Ausgestaltung der Fassade aus Erwägungen zur thermischen Kontrolle des Volumens mit einem möglichst geringen Energieaufwand.
Gebäudeform und Lage
Der neue „Westarkaden“ genannte Gebäudeteil schließt das blockartige Areal der KfW nach Westen hin zur Zeppelinallee mit einem viergeschossigen Riegel ab, welcher den Blockrand und die Fluchtlinien markiert. Aus diesem erwächst ein 14-stöckiges, solitärartiges Hochhaus. Es ist hin zur nahen Kreuzung mit der Bockenheimer Landstraße orientiert. Die neuen Volumina sind dergestalt, dass sie die bestehenden Sichtbeziehungen zwischen dem anschließenden KfW- Hauptgebäude und dem nahen Palmengarten – einer prominenten städtischen Parkanlage – nicht beeinträchtigen. Auch wurde das Grün des Parks durch die Schaffung mehrerer Innenhöfe mit dem KfW- Block subtil verzahnt. Arkaden allerdings hat das Projekt keine einzige. Die Bezeichnung rührt alleine daher, dass es sich um einen Anbau an die bestehende Hauptverwaltung handelt, die „Nordarkaden“ heißt. Und diese weist tatsächlich eine entsprechende Detaillierung auf.
Fassade
Der neue Gebäudekomplex erregt Aufsehen durch seine bunte, schuppenartige Fassade. Dabei wurden die Farben nicht willkürlich gewählt, sondern sie orientieren sich an der Umgebung: Die Grüntöne weisen in Richtung Palmengarten. Die roten Flächen, welche hin zur urbanen Zeppelinallee orientiert sind, beziehen sich auf den ortstypischen Mainsandstein. Und die grau-blauen Elemente hin zu den anderen KfW- Gebäuden nehmen schließlich die Farben der Kreditanstalt auf.
Die sichtbaren Schwünge der Außenfront bestehen geometrisch aus ebenen Glasflächen, die zueinander jeweils immer um etwa 40 cm verspringen. Dieser Versatz besteht immer aus einer orthogonal zur Glasfläche angeordneten farbigen Klappe, welche entsprechend der Wetterlage von einem Zentralrechner aus gesteuert, d.h. geöffnet oder geschlossen wird. Dahinter schließen sich nicht direkt Büroflächen an, sondern ein so genannter, vielleicht 50 cm breiter Druckring. Bei der Konstruktion handelt es sich also um eine Art Doppelfassade. Konzipiert wurde die Druckringfassade, um die bei Hochhäusern auftretenden turbulenten Winddruckverhältnisse an den Fensteröffnungen der Büroräume auszugleichen und so einen gleichmäßigen und entsprechend zugfreien Luftdruck im Gebäude zu schaffen. Der Luftstrom ist so reguliert, dass eine Geschwindigkeit von 6 m/s nie überschritten wird. Da die Form des Gebäudes der Aerodynamik der Hauptwindrichtung (Südwesten) folgt, wird der Druckring in der Regel immer in Windrichtung durchspült. Die Fassade ist jedoch auch für andere Windrichtungen ausgelegt.
Die „Fassade“ nach innen weist echte Fenster mit Dreh- Kipp- Beschlägen auf, die sich individuell betätigen lassen. Korrelierend mit den starren Glasflächen der Außenhaut ist dadurchein direkter Blick nach draußen möglich, wohingegen die Belüftung nur indirekt erfolgt. Dies ist auch akustisch von Vorteil, da der Straßenlärm so deutlich gedämpft wird.
Belichtung
Um das Tageslicht optimal ausnutzen zu können, wurde großen Wert auf einen hohen Fensteranteil in der Fassade gelegt. Horizontale Lamellenraffstores im Fassadenzwischenraum dienen zur Verschattung. Sie weisen in ihrem oberen Drittel eine integrierte Lichtlenkung für ein blendfreies Arbeiten auf, welche aber ein unnötiges Abdunkeln des Raumes verhindert. Zudem wird das zuschaltbare künstliche Licht kontinuierlich an das vorhandene Tageslichtangebot angepasst, sprich gedimmt. Die Beleuchtung wird zwar manuell zugeschaltet, ein Rechner schaltet die Leuchten bei ausreichender Helligkeit jedoch aus.
Thermisches Konzept
Die Westarkade weist einen errechneten Primärenergiebedarf von 82 kWh pro Quadratmeter Nettogeschlossfläche auf und liegt damit sogar deutlich unter dem maximal zulässigen Wert des KfW eigenen Förderprogramms SolarBau. Der Grenzwert beträgt 100 kWh/m²/a. Seine Einhaltung war eine verständliche Kernforderung des Bauherrn.
Die Druckringfassade dient vornehmlich im Sommer dazu, Überhitzungseffekte zu minimieren. Im Winter dient der Zwischenbereich mehr als passiver thermischer Puffer. Gekühlt wie erwärmt wird der Bau über eine thermische Baukernaktivierung der Betondecken, welche diese konstant auf 21°C hält. Als Energiequelle wird in erster Priorität die Abwärme des integrierten Rechenzentrums genutzt, erst bei einem Mehrbedarf wird auf Wärme aus einem KfW internen Verbundnetz zurückgegriffen. Sinkt die Außentemperatur auf unter 10°C oder steigt sie auf über 25°C, werden die Büroräume mechanisch belüftet. Die dafür nötige Zuluft wird über einen rund 30 m langen, unterirdischen Erdkanal vom Rande des Palmengartens angesaugt. Die Außenluft ist hier von Straßenemissionen weniger belastet, zudem erlaubt der unterirdische Kanal das Erdreich auch geothermisch zu nutzen. Die Frischluft wird so entweder vorgewärmt oder -gekühlt. Über Schächte wird sie in die Doppelböden der Büros eingeblasen, von wo sie durch den Fenstern vorgelagerten Quellluftauslässen in die Räume gelangt. Diese alternieren vor den Fensterflächen mit Unterflurkonvektoren, die zum Abfangen thermischer Spitzen benötigt werden. Die frische Luft wird überdies an den thermisch aktiven Geschossdecken vorbeigeführt und dadurch ebenfalls temperiert. Dies macht deren thermische Wirkung noch effektiver. Die Abluft verlässt sommers wie winters die Räume in gleicher Weise: Über schallgedämmte Überströmelemente gelangt sie zunächst in die Flure und strömt von dort in den Gebäudekern, wo sie mittels ihres natürlichen Auftriebes über das Dach ins Freie austritt – natürlich nicht ohne vorher einen Wärmetauscher passiert zu haben.
Fazit
Sauerbruch- Huttonspielenbei der Erweiterung der Zentrale KfW- Bank in Frankfurt nicht nur souverän und schlüssig mit einer breiten Farbpalette. Sie haben zudem ein „Green Building“ am Main errichtet, das zu Recht als eines der nachhaltigsten Hochhäuser der Welt gilt. Tatsächlich darf dies als ein beeindruckender Beitrag zu der Frage gelten, was denn eine überhaupt angemessene Formsprache für nachhaltige Architektur ist.
Robert Mehl, Aachen