Project:
Contact:
Object:
Natural History Museum
Type:
museum
Location:
Berlin [satellite]
Country:
Germany
Architect:
Diener & Diener 🔗, Basel
Materials:
precast concrete, glass
Published:
Beton Bauteile 2012-2
Pages:
24 - 25
Content:
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Interview Diener und Diener

Bei der im September 2010 abgeschlossenen Wiederherstellung des im Zweiten Weltkrieg zerstörten Ostflügels, die jedoch keine reine Rekonstruktion desselben sein sollte, kamen wie schon eingangs beschrieben in der Konstruktion der Fassade vor allem Betonfertigteile zum Einsatz. Terese Erngaard, die Leiterin des Berliner Büros von Diener & Diener konnte uns Auskunft zu den technischen Details geben:
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Ergab sich der Auftrag aus einem Wettbewerb?
Der Auftrag wurde in einem Gutachterverfahren vergeben. Mitte der 1990er Jahre sollten in diesem umfangreichen Verfahren, an dem im Museumsbau erfahrene in- und ausländischen Architekturbüros teilnahmen, eines ermittelt werden, welches die Grundinstandsetzung des Museums für Naturkunde entwickeln wird. Als Ergebnis dieses Verfahrens erhielten wir 1995 diesen Auftrag. Finanzierungsbedingt konnten wir in den ersten Jahren nur die wichtigsten Sanierungen aus dem Budget für den jährlichen Betrieb durchführen. Die größeren strukturellen Maßnahmen erfolgten erst Jahre später.
Der Ostflügel war zerstört. Was genau befand sich vor der Maßnahme an dieser Stelle?
Am 3. Februar 1945 zerstörte eine Brandbombe den Ostflügel fast vollständig, nur die Hoffassade, ein Teil der Ostfassade sowie Reste der inneren Struktur waren danach noch vorhanden. Die Durchgänge zu den anderen Gebäudeteilen wurden vermauert. In diesem Zustand blieb die Ruine bis 2006.
Sind außer den äußerlich sichtbaren drei Fensterachsen an der Außen- bzw. an der Innenhoffassade noch an anderer Stelle Betonfertigteile verwendet worden?
Abgesehen von einigen vorfabrizierten tragenden Innenwänden wurden nur im Bereich der Außenfassade (Ostfassade) Betonfertigteile verwendet. Die Innenhoffassade ist bauzeitlich, lediglich die Fensterausmauerung ist neu und ausschließlich in Ziegeln ausgeführt.
Besteht der Betoneinsatz in der vierten Fensterachse im Obergeschoss auch aus Betonfertigteilen, oder wurde hier Ortbeton verwendet und dabei in einer vertikalen Schalung mit einer Formmatritze gearbeitet?
Für die Außenhaut der Ostfassade wurde kein Ortbeton verwandt, auch dieser Bereich besteht aus Betonfertigteilen.
Zu den konstruktiven Fragen: In welcher Qualität wurden die Betonfertigteile erstellt?
Zum Einsatz kam Fertigteilbeton C45/55 aus Portlandzement mit normalem Sand und Kieszuschlägen, sowie geringen Anteilen von Titanoxid und Flugasche.
Was für eine Form hatte hier das Standardmodul?
Zwei verschiedene Module wurden angewendet, es gab ein Feld- und ein Pilastermodul. Das des Feldes war geschoßbreit und auch so hoch; das Pilastermodul war geschoßhoch. Da die Geschoße unterschiedliche Höhen haben, sind die Module auch entsprechend unterschiedlich. Das größte beträgt ca. 5,12 cm x 6,40 cm. Die unterschiedlichen Größen bedingen natürlich auch unterschiedliche Gewichte, das schwerste wiegt ca. 42 Tonnen.
Was für eine Oberfläche weisen die Betonfertigteile auf?
Durch das spezielle Verfahren des Silikonabdruckes ist die Oberfläche der Betonfertigteile von der Bestandfassade geprägt. Von den Spuren der 120 jährigen Bewitterung über kleinere Löcher des Bombeneinschlages von 1945 bis zu den Spuren des Anstriches der Fenstersprossen bilden die Fertigteile die Bestandsoberfläche nach, strahlt das Äußere eine besondere Lyrik aus, die mit der Geschichte der Zeit zu tun hat.
Wurden Teile des nicht sichtbaren konstruktiven Rohbaus aus Betonfertigteilen erstellt? Ja, die tragenden Innenwände wurden teilweise vorfabriziert. Jedoch kam hier an verschiedenen Stellen auch Ortbeton zum Einsatz, etwa im Keller der auch neu gebaut wurde. Die äußere Schale der Außenwände sind jedoch ausschließlich Betonfertigteile.
Im Erdgeschoss befindet sich eine für Besucher einsehbare gläserne Vitrine. Mit dieser soll zum einen den Museumsbesuchern die 276 000 Präparate der Nasssammlung zugänglich gemacht werden, zum anderen sollen Wissenschaftler aber auch weiterhin mit diesen arbeiten können. Warum wurde auf eine bauliche Trennung der Verkehrswege von Wissenschaftlern und Besuchern verzichtet?
Aus u.a. klimatischen Gründen. In der Nasssammlung dürfen keine Klimaschwankungen auftreten und die Gaslöschanlage bedarf der dichten Vitrine. Gemäß Vorgabe der Bauaufsicht darf die Sammlung ohnehin nicht gleichzeitig intern genutzt und über den Umgang von Besuchern besichtigt werden, insofern begegnen sich Forscher und Besucher aus zeitlichen Gründen nicht.
Sind alle diese 276 000 in verschiedene Chemikalien eingelegten, organischen Präparate allein in dieser Vitrine untergebracht?
Nein, diese 276.000 so genannten Nasspräparate befinden zunächst einmal alle in höchst unterschiedlich geformten Behältnissen. Diese sind auf sämtliche Geschoße des Neubaus verteilt, d.h. im UG, EG, 1.OG und 2. OG. In der einsehbaren Vitrine im Erdgeschoss stehen nur ca. 90 000 Gläser.
Frau Erngaard, wir danken für das Gespräch!
Das Interview mit der Architektin führte Robert Mehl, Aachen