Project:
Contact:
Object:
Type:
access-canopy
Location:
Melbourne [satellite]
Country:
Australia
Architect:
Make Architects 🔗, London
Materials:
PTFE-foil, cross-laminated larch timber
Published:
structure 01.04.2020
Pages:
online
Content:
[article]      
 

Chadstone Link, Melbourne

Urbane Ziehharmonika

Das Chadstone Shopping Centre, die größte Mall der südlichen Hemisphäre, im australischen Melbourne hat einen halboffenen Wandelgang erhalten. Die 14 jeweils 15 m hohen Portale des 110 m langen Portikus bestehen aus gebogenem Lärchenbrettschichtholz.
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Wikipedia benennt das verkürzt auch nur „Chaddy“ genannte Chadstone Shopping Centre im australischen Melbourne als das größte Einkaufszentrum der gesamten Südhalbkugel. Natürlich gehören zu so einer Konsumwelt auch ein großer Parkplatz und ein Hotel. Beides wurde nun nachträglich mit einer überdachten Verbindung an die Ladenstraße angeschlossen. Während die eigentliche Einkaufspassage von einem tonnenförmigen Glasdach überwölbt ist, besteht der sogenannte Chadstone Link aus einer Folge von 14 vierungsartigen Portalen, die von einem halbtransparenten PTFE- Stoff überspannt wird. Dieser schützt Passanten einerseits vor Regen und – was in Australien viel bedeutsamer ist – vor schädlichem ultraviolettem Sonnenlicht.
Diagrid- Struktur
Bewusst hat sich das entwerfende britisch-australische Planungsbüro Make Architects für einen Kontrast aus komplexer Diagrid- Struktur und dem Einsatz natürlicher Materialien entschieden. Dabei wird die gesamte Konstruktion von diskret im Boden eingelassenen Stahlfundamenten getragen.
Die Portale kreuzen den 110 m langen Wandelgang nicht senkrecht, sondern diagonal im 45°-Winkel. Genau genommen besteht eine Portaleinheit daher aus zwei Bogenstellungen, die sich in ihren Firstpunkten kreuzen. Sie bilden dort einen gemeinsamen Hochpunkt aus, der an eine Kirchenvierung erinnert. 14 dieser Hochpunkte gibt es, über die der besagte Stoff gezogen ist. Im südlichen Portikusabschnitt ist er bis auf Höhe eines imaginären Kapitells der Bogenstellung herabgezogen, in der Nordhälfte spannt er hingegen zeltartig bis auf den Boden. In der Mittelachse des Wandelgangs schwingt sich das sphärisch gekrümmte Textil von einem Hochpunkt zum nächsten. Der rhythmische Wechsel der Hoch- und Tiefpunkte in der Dachlandschaft und die damit einhergehende Quergliederung des Bauwerks schaffen Assoziationen an eine gigantische Ziehharmonika, abgelegt in einer heterogenen Stadtlandschaft. Die Seitenflächen des Holz- Textil- Portikus sind hingegen offen, es gibt sowohl Durchgänge zu den Parkplätzen als auch große, quaderförmige Pflanztröge aus rötlich durchgefärbtem Beton. Diese separieren die überdachte Durchwegung und sind mit immergrünen Kletterpflanzen wie Boston Ivy oder Jasmin besetzt.
Brettschichtholz aus Lärche
Jedes der 14 jeweils 15 m hohen Portale besteht aus zwei sich kreuzenden Bogenstellungen, von denen es folglich insgesamt 28 gibt. Alle setzen sich zusammen aus jeweils vier gebogenen Lärchenbrettschichthölzern. Diese Elemente wurden sowohl im Scheitel- als auch im Kämpferbereich geteilt und glatt aneinandergestoßen. Mittig wurden in deren Stirnflächen Nuten gefräst, die Stahlverbindungsplatten aufnehmen. Das Holz wurde daran mit versenkten Schrauben verbolzt und so eine kraftschlüssige Verbindung hergestellt. Gegeneinander sind die in sich stabilen 14 Portalkreuze zusätzlich mit gebogenen Stahlrundstäben ausgesteift. Deren Biegung folgt im Scheitel der Hüllkurve des Stoffdaches und markiert seitlich dessen unteren Abschluss beziehungsweise dessen imaginäre Trauflinie.
Robert Mehl, Aachen
https://www.structure-magazin.de/artikel/urbane-ziehharmonika-chadstone-link-melbourne-35440