Projektart:
Anfrage:
Objekt:
Typ:
Stadtquartier
Ort:
Berlin [Satellit]
Staat:
Deutschland
Architekt:
Herzog & De Meuron 🔗, Basel
Materialien:
Altbausanierung / Stadtverdichtung
Publiziert:
structure 17.12.2019
Seiten:
online
Inhalt:
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Bebauung "Am Tacheles", Berlin

Nicht nur reden...

Im Frühherbst 2019 war die feierliche Grundsteinlegung der Sanierung und Neubebauung des Berliner Tacheles- Areales auf Basis eines Entwurfs von Herzog & de Meuron. Das Tragwerk für das innerstädtische Quartier entwickelte BuroHappold und WSK Ingenieure.
Das Wort "Tacheles" leitet von dem jiddischen "Tachles" ab und meint in Verbindung mit "reden", seine Meinung offen sagen. Der Name des bekannten Berliner Kunsthaus Tacheles geht auf eine Künstlergruppe zurück, die mit dem Namen eigentlich ein Zeichen zur freien Meinungsäußerung in der damals gerade noch existenten DDR setzen wollte.
Ursprünglich gehörte der bekannte Torbogen zur 1908 errichteten Friedrichstraßenpassage, der seinerzeit zweitgrößten Berliner Einkaufsgalerie. Das im Zweiten Weltkrieg nur mäßig beschädigte Gebäude war um eine große Halle organisiert, die von einer Kuppel überwölbt war. Sie wurde erst 1982 gesprengt, der Abriss des heute noch existierenden Torbaus war für April 1990 vorgesehen und der Anlass für die Hausbesetzung durch die besagte Künstlergruppe. Nachdem in den 1990er und Nuller Jahren des neuen Jahrtausends die Halbbrache rund um den Bau zum "hippen" Kunsthaus Tacheles avancierte, endete 2008 diese Nutzung. Es folgten Jahre mit verschiedenen, neuerlichen Besetzungen, Räumungen und Eigentümerwechseln bis 2014 das Areal in den Besitz der New Yorker Vermögensverwaltung Perella Weinberg Partners LP (PWR) überging.
Hof statt Halle
Der Masterplan nach dem nun das 25.000 m² große Areal saniert und in weiten Teilen neu bebaut wird, stammt von Herzog & de Meuron. Ansatzweise adaptiert das Schweizer Architekturbüro das ursprüngliche Volumen und legt mittig darin einen achteckigen Platz an, den man als Reminiszenz an den verlorenen Kuppelbau lesen kann. Darum herum entsteht ein, von verschiedenen Architekturbüros entwickeltes, gemischtes Quartier aus sechs Wohngebäuden, einem Bürokomplex und drei Höfen. Von der Oranienburgerstraße aus wird es zugänglich sein über das bekannte Portal und einer zusätzlichen Stichstraße, zur Friedrichstraße hin über einen weiteren Torbau.
Die aufgehenden Bauten werden zwischen 7 -9 Geschosse hoch sein und eine gemeinsame Unterkellerung besitzen. Diese besteht aus drei Untergeschossen, die fast 90.000 m² einnehmen wird und weitgehend als Tiefgarage dient. Für eine effiziente Nutzung dieser unterirdischen Flächen wurde eine stützenfreie Deckenkonstruktion mit weiten Auskragungen vorgesehen. Die Anlieferung des gesamten Areals erfolgt durch ein Gebäude hindurch, zu erwartende punktuelle Verkehrslasten werden hier jedoch nicht unmittelbar ins Erdreich geführt. Stattdessen entwickelten die Ingenieure des BuroHappold ein Hängesystem, dass die einwirkenden Kräfte erst nach oben leitet und von dort dann über die Treppenhauskerne weiter in den Untergrund.
Robert Mehl, Aachen
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