Projektart:
Anfrage:
Objekt:
Typ:
Metallbaubetrieb
Ort:
Bonstetten [Satellit]
Staat:
Schweiz
Architekt:
Daniel Hedinger (Inhaber)
Materialien:
3D-Druck von Stahl
Publiziert:
metallbau 11/2023
Seiten:
10 - 11
Inhalt:
[Artikel]  [2]      
 

3D- Druck im Metallbauhandwerk

Reverse Engineering

Welches unmittelbare Potenzial der 3D- Druck von Metallen für das Metallbauhandwerk besitzt zeigt die Kunstschmiede Heidinger zusammen mit der Feramic AG in der Schweiz. Wo ein Nachguss für die Denkmalpflege zu teuer ist, empfehlen sich 3D-gedruckte Kleinserien.
Die Kunstschmiede Hedinger im eidgenössischen Bonstetten ist ein Handwerksbetrieb, der 2019 an die Zweite Generation überging. Vater Oski ist weiterhin im Betrieb tätig und bringt seine große Erfahrung als Kunstschmied alter Schule ein. Vater und Sohn eint die gemeinsame Liebe für das Schmieden von Metall. Zuvor hatte Sohn Daniel das Handwerk von der Pike auf gelernt: Er machte eine Lehre als Metallbauer und ging den Ausbildungsweg bis zum Meister. Der Betrieb, der 1979 , seinen Ausgang als kleine Kunstsschmiede am Familienhof in Bonstetten nahm, wurde stets für seine Ideen und seine Augen für die Kunst geschätzt, 2021 von einer Einzelfirma in eine GmbH umgewandelt. 2022 wurden die Betriebsgebäude ausgebaut und die Werkstatt für sieben Personen ausgebaut. Um die Schmiedkunst auch in der nächsten Generation präsent zu halten, sind zwei davon Ausbildungsplätze für Lehrlinge.
Daniel Hedinger ist aber alles andere als rückwärtsgewandt, er ist ausgesprochen aufgeschlossen für neue Technologien und Entwicklungen und sucht diese mit der handwerkliche Tradition zu verbinden. Entsprechend aufgeschlossen ist er für den 3D- Druck von Metallen.
Die Kunstschmiede Hedinger erhält regelmäßig Aufträge aus der Denkmalpflege. Für die Restauration eines schmiedeeisernen Gitterwerks war die Neuanfertigung von 40 desolaten Würfelkapitellen erforderlich. Die ursprünglichen Elemente fehlten überwiegend, die Restlichen waren stark korrodiert und durchweg nicht mehr instand zu setzen. Konstruktiv fungieren diese Würfelkapitelle als Muffen, über die die einzelnen Gitterabschnitte zusammengefügt werden.
Die Alternative zum Guss
In früheren Jahren hätte man die Wahl gehabt, entweder aufwändige Abgüsse von diesen Elementen zu erstellen oder diese einfach wegzulassen. Gegen einen Nachguss sprach der hohe Preis, da dies zuvor das Erstellen einer Gussform erfordert hätte, was sich bei so einer Kleinserie nicht rechnet.
Für Daniel Hedinger ist Metallbau nicht nur ein Beruf, sondern eine Berufung. Interessiert verfolgt er das gesamte Feld der Metallbearbeitung, insbesondere in der additiven Fertigung, dem 3D- Drucken von Metallen sieht er schon länger er ein großes Anwendungspotenzial für seinen Betrieb. Über einen Messebesuch ergab sich der Kontakt zur Feramic AG, die in einem Nachbardorf von Bonstetten, in Stallikon ihren Sitz hat. Als der Auftrag zur Instandsetzung des schmiedeeisernen Gitterwerks kam, lag es für Hedinger auf der Hand, dass diese Würfelkapitelle prädestiniert für einen 3D- Druck wären, weshalb er sich an Martin Hofer, den Geschäftsführer der Feramic AG wandte.
Klein aber oho
Feramic bedient vornehmlich Großkunden aus dem Maschinenbau. Sie produzieren regelmäßig maßgefertigte Bauteile für Wärmetauscher, oft Objekte die zahlreiche Kühlrippenund komplexe Geometrien aufweisen müssen und daher nur schlecht oder schwer als Guss zu erstellen sind. Feramic stellt zudem Elemente für den Leichtbau her, da gedruckte Objekte selten massiv ausgeführt werden, sondern vielmehr im innern über Gitterstrukturen verfügen, die von einer beliebig starken Wandung bedeckt werden. Damit sind 3D- Druck- Bauteile bei annähernd gleicher Stabilität und Materialität jedoch erheblich leichter als ihr gegossenes Pedant.
Im Fahrzeugbau ist Feramic weniger aktiv, jedoch unterstützt die Aktiengesellschaft die ETH Zürich, ZHAW Winterthur oder die Hochschule Luzern bei dem Bau von Demonstratoren.
Mit seinen nur acht Mitarbeitern besitzt das Unternehmen aktuell noch eine überschaubare Größe. Es operiert von einer mittelständischen Werkstatthalle aus, in dem in einem Teilbereich drei 3D- Drucker sieben Tage die Woche und rund um die Uhr (24-7) produzieren.
Die Maschinen arbeiten im LPBF- Verfahren (Laser powder bed fusion) und verfügen über einen so genannten Bauraum mit einer Standfläche von 245 x 245 mm und einer Produktionshöhe von 380 mm. Dabei bezeichnet die Vertikale die so genannte Aufbaurichtung, weil hier ein Layer unmittelbar auf dem nächsten liegt. Dabei erzeugt die Maschine in einer geschlossenen Box eine vollkommen ebene Metallpulverschicht, die dann zielgerichtet mit einem Laser beschossen und damit aufgeschmolzen und verhärtet wird. Sind alle Punkte einer Lage aufgeschmolzen, senkt sich die Baupaltte um exakt eine Schicht ab, eine neue Pulverlage wird aufgetragen, eben verteilt und der Laserbeschuss beginnt von neuem. So wachsen die Bauteile Schicht um Schicht in die Höhe. Teilweise müssen die Teile durch Support stabilisiert werden Martin Hofer räumt ein, dass mit Abschluss des Drucks ein nutzbarer 3D- Körper aus Metall bei weitem noch nicht fertig sei: Gut 80 % der Teile müssen in irgendeiner Form mechanisch nachbearbeitet werden, wofür in dem weitaus größeren Teil der Halle die entsprechenden Dreh-, Fräs- und Bohrmaschinen parat stehen. Oft geht es darum die geforderten, feinmechanischen Toleranzen von 1/100 mm nachzuarbeiten, da die Drucker eine maximale Genauigkeit von 5/100 mm - und das auch nur in Aufbaurichtung - erreichen können. Meistens geht es aber um simplere Dinge, wie das Schneiden von Gewinden, das Bohren von Passungen - aber eben auch um das Nachdrehen bzw. um das Nachfräsen: Es sind alles ganz klassische Arbeiten einer Metallwerkstatt.
Pulver Handling
Die Feramic AG druckt mit sechs verschiedenen Metallpulverarten: Einmal verwenden sie rostfreien Stahl bzw.Edelstahl 1.4404, der auch als 316-L beschrieben werden kann sowie die Werkzeugstähle 1,2709 und Corrax. Gedruckt wird darüber hinaus mit zwei Aluminiumsorten, einmal das AlSi10Mg und einmal ein eloxierbares Aluminium320. Schließlich verarbeiten sie noch RemaniumStar, eine Cobalt- Chrom- Legierung, die vor allem im Dentalbereich eingesetzt wird.
Kupfer oder Messing verarbeitet das Unternehmen bislang nicht. Der Grund ist letztlich deren niedrige Schmelzpunkte; Güsse in alter Tradition sind hier weiterhin rentabel. Erhältlich ist aber mittlerweile auf Metallpulvermarkt für additive Drucke eine Bronzelegierung, womit so ein Auftrag technisch zu bewältigen wäre.
Blick in die Zukunft
Daniel Hedinger war mit den gedruckten Würfelkapitellen hochzufrieden und plant derzeit einen neuerlichen Auftrag, bei dem es um den Nachdruck historischer Türgriffe geht. Die Reproduktionen wären infolge des Leichtbauprinzips auch erheblich leichter, was ein gewichtsbedingtes Ausschlagen der Türschlösser obendrein unterbinden würde. Martin Hofer räumt aber ein, dass sie den Metallbauer- Markt mit Marketing nicht aktiv bearbeiten. Sie hätten zwar im Bereich der Denkmalpflege noch weitere Kunden, die entsprechende Reproduktionen bei Ihnen in Auftrag geben. Da wäre etwa ein Fensterbauer, der historische Beschläge als Nachbau benötigt oder einen Architekten, der für ein Baudenkmal defekte Bauteile neu anfertigen lässt. Diesen Produktionsbereich bezeichnet er als Reverse- Engineering, da für die Erstellung eines 3D- Nachdrucks ein aufwändiger 3D- Scan sowie eine entsprechende Aufbereitung dieser 3D- Daten erforderlich ist. Nichtsdestotrotz plant Hofer zeitnah dieses Thema online etwa in Form eines Show- Cases oder in Form einer Success- Story auch visuell erfahrbar zu machen.
Robert Mehl, Aachen