Projektart:
Anfrage:
Objekt:
"das max"
Typ:
Büro- und Geschäftshaushaus
Ort:
München [Satellit]
Staat:
Deutschland
Architekt:
SCOPE Architekten GmbH 🔗, Stuttgart
Materialien:
Zuber Beton GmbH 🔗, Crailsheim (Kunde)
Publiziert:
Beton Bauteile 2024
Seiten:
38 - 43
Inhalt:
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Bürogebäude „das max“, München/D

Fertigteilfassade mit Chiaroscuro- Effekt

In der Münchener Ludwigvorstadt ist ein siebengeschossiger Büroneubau entstanden, der sich, obwohl eindeutig modern angelegt, sorgsam in das dortige historisch geprägte Straßenbild einfügt. Bewusst wurde bei seiner Betonfertigteilfassade mit Schatteneffekten gearbeitet, die die monochromen Flächen unterschiedlich hell erscheinen lassen.
Als Chiaroscuro- Effekt bezeichnet man insbesondere bei Fassaden das unterschiedlich helle Erscheinungsbild ihrer Teilflächen, obwohl diese als Ganzes monochrom angelegt sind. Dieser Effekt findet sich vor allem bei historis-tischen Bauten des 19. Jahrhunderts, die insbesondere der Neorenaissance zuzuordnen sind. Oftmals handelt es sich dabei um kassettenartige Vertiefungen, in denen ein figürliches Element sitzt, welches dadurch eine plakettenartige Fassung erhält. Bei der Fassade des Büroneubaus „das max“ in der Münchener Pettenkoferstraße haben Scope Architekten diesen Effekt auf die geschosshohen Fensterlaibungen übertragen, indem sie diese geringfügig nach innen drehten. Der dadurch leicht unterschiedliche Einstrahlwinkel des Tageslichtes reicht aus, die jeweils linke und rechte Fens-terlaibung unterschiedlich hell erscheinen zu lassen. Mit diesem Kunstgriff haben die Architekten zwei formale Ziele gleichzeitig erreicht: Zum einen rhythmisierten sie die bis zu 70 m langen Fassadenfronten schachbrettartig und unterbanden so eine bauliche Monotonie. Zum anderen haben sie aber auch mit diesem Detail den Neubau ausgesprochen elegant in den Kontext der tatsächlich aus dem 19. Jahrhundert stammenden Nachbarbebauung integriert. Darüber hinaus fungiert der Bau auch als städtebauliches Bindeglied zwischen diesen historischen Altbauten und den in nordöstlicher Richtung daran anschließenden Nachkriegsbauten.
Oliver Kettenhofen, Inhaber von Scope Architekten, betont, dass seinem Büro das Herausarbeiten der handwerklichen Präzision hierbei besonders wichtig war. Er sieht gewisse Parallelen zum Stocken von Oberflächen, wie es Steinmetze ausführen. Nun wurden beim „das max“ keine Teilflächen mit einem Stockhammer behauen, sondern Strukturmatrizen in die Betonschalung eingelegt. Diese verliehen den Laibungen eine natursteinartige Oberfläche, die den vom Sonneneinstrahlwinkel abhängigen Reflexionseffekt verstärkt, da die Abschattung mit wachsendem Seitenlichteinfall signifikant zunimmt. Im starken Kontrast dazu stehen die durchlaufenden Friesbänder, die die Architekten jeweils auf Höhe der Geschossdecken anlegten. Zwischen diesen laufen die eingedrehten Laibungsflächen jeweils ohne ein zusätzliches Sturzdetail durch. Diese Bänder wurden glatt geschalt, anschließend nur leicht gesandstrahlt und erscheinen daher heller als die strukturierten Laibungsflächen.
Ausführung in Weißbeton
Die Fassade besteht aus Betonfertigteilen, die von der Crailsheimer Zuber Beton GmbH produziert wurden. Die Elemente umfassen jeweils zwei bis drei Fensterachsen und setzen sich zusammen aus einem Friesabschnitt mit den daran anbetonierten, leicht verdrehten Fens-terlaibungen. Man kann sich diese Betonbauteile als auf ihren Horizontalschenkeln stehende „E“ vorstellen. Vollkommen unerheblich war dabei, ob es sich nun um nach rechts oder nach links verdrehte Laibungselemente handelte, da diese – wie erwähnt – alle monochrom angelegt sind. Verarbeitet wurde ein Weißbeton mit zusätzlichen Titandioxidpigmenten, weißen Zuschlagstoffen und weißem Sand. Alle glatt geschalten Bereiche wurden nach ihrem Ausschalen zudem leicht gesandstrahlt und die gesamten Elemente wurden schließlich werkseitig hydrophobiert.
Die Betonfertigteile wurden ohne Luftraum einer Ortbetonkonstruktion vorgehängt, die zuvor eine 15 cm starke Mineralwoll- Außendämmung erhalten hatte. Die Fertigteile wie auch die Dämmung wurden von der Bautzener Montagefirma MRT GmbH im Auftrag der Zuber Beton ausgeführt, die der Hauptauftragnehmer des Gewerks war. Montiert wurden die bis zu 6 m langen Fassadenelemente mit Hilfe von flexiblen Autokränen, da diese innerstädtische Baustelle sehr beengt war.
Materialität
Große Bedeutung bei der Umsetzung dieses Projekts hatte für Scope Architekten die Materialität, mit der sie auch eine gestalterische Interaktion mit dem umgebenden Bestand eingehen wollten. Im Gegensatz zu den Obergeschossen ließen sie die eingeschwenkten EG- Fensterlaibungen glatt geschalt ausführen und schufen damit subtil einen monochromen Gebäudesockel, auf dem die beschriebene Schachbrettstruktur der weiteren Fassadenflächen ruht. Diese wird gegliedert durch die erwähnten sechs umlaufenden Friesbänder, deren obers-tes gleichzeitig die Traufe mit einer darin integrierten Regenrinne bildet.
Die in einem Braunton angelegten, pulverbeschichteten Fensterrahmen orientieren sich farblich an der Baubronze bzw. dem Messing der historistischen Epoche. Ihre geschosshohe Ausführung ist als eine Referenz auf das gegenüberliegende Palais Ingenheim- Molitor zu lesen, ein weiteres Gebäude, das der Münchener Verein in der Straße bezogen hat. Bei dem Palais handelt es sich um einen denkmalgeschützten Altbau, der vor kurzem aufwändig saniert wurde. Bekrönt wird „das max“ von einem Zinkblech- Walmdach, das diese an der Pettenkoferstraße vorherrschende Dachform stilsicher in eine zeitgemäße Formsprache überführt. In dem Dachstuhl ist ein weiteres – das siebte – Vollgeschoss untergebracht.
Genius Loci
Entwürfen von Scope Architekten geht immer eine sehr starke Auseinandersetzung nicht nur mit dem Standort, sondern auch mit dem Bauherrn bzw. dem künftigen Nutzer voraus. In diesem Fall handelte es sich um den Versicherungsdienstleister Münchener Verein, dessen Gründung auf eine genossenschaftliche Idee zurückgeht und der sich primär an das Handwerk als Zielgruppe wendet. Insofern erkannte man die handwerkliche Präzision als Kernkompetenz des Bauherrn und wollte diese auch in der Architektur und Gestaltung erlebbar machen.
In der Crailsheimer Zuber Beton GmbH fand man einen adäquaten Partner in der Umsetzung. Ein Gespräch zwischen Firmenleitung und Architekten schuf schnell Vertrauen und das Wissen, dass man hinsichtlich der angestrebten Qualität und Ausführung identische Ziele verfolgte. So wusste der Fertigteilhersteller nicht nur die Vorstellungen der Architekten in hervorragender Weise umzusetzen, sondern sich auch in die Thematik einfühlsam einzudenken und mit konstruktiven Umsetzungsideen zu optimieren. Schlussendlich erfolgten die Produktion und die Montage noch schneller und der gewünschte Effekt war noch intensiver.