Projektart:
Anfrage:
Objekt:
Typ:
Büro- und Wohnkomplex
Ort:
Mannheim [Satellit]
Staat:
Deutschland
Architekt:
Sacker Architekten 🔗, Freiburg
Materialien:
Kunde: Zuber Beton GmbH 🔗, Crailsheim
Publiziert:
Beton Bauteile 2023
Seiten:
62 - 67
Inhalt:
[Artikel]      [Bildstrecke]      
 

Hochhaus der SV- Versicherung, Mannheim/D

Nachhaltig bauen mit Fertigteilen

Jenseits der Gleisanlagen des Mannheimer Hauptbahnhofs wurde das Glückstein- Quartier neu entwickelt. Der 13-geschossige Büroturm der SV- Versicherung bildet einen Höhepunkt der neuen Fassadenfront. Seine Gebäudehülle besteht aus unten am Fuß spitz zulaufenden Betonfertigteilen.
Der Neubau der SV- Versicherung befindet sich in dem insgesamt 33 ha großen und neu entwickelten Glückstein- Quartier. Dieses besteht aus nicht mehr benötigten Teilbereichen der Gleisanlagen des Mannheimer Hauptbahnhofs und dem vormaligen Gießereigelände des Landmaschinenherstellers John Derre. Erste Planungen zur Neuanlage dieses Areals reichen bis in die 1990er Jahre zurück. Schon das damalige städtebauliche Gutachten des Frankfurter Stadtplanungsbüros Albert Speer und Partner forderte eine bessere Anbindung des Mannheimer Stadtteils Lindenhof über die Gleise hinweg an den Bahnhof und die dahinterliegende Innenstadt.
Städtebau
2001 lobte die Stadt Mannheim, zusammen mit der Verwertungsgesellschaft für Eisenbahnimmobilien GmbH & Co. KG, einen Realisierungswettbewerb zur städtebaulichen Neuordnung für die Flächen südwestlich des Hauptbahnhofs aus. 37 Büros und Arbeitsgruppen beteiligten sich an dem Wettbewerb zur Gestaltung des rund 1 km langen Streifens, den das Kölner Architekturbüro ASTOC Architects&Planners gewann. Doch die Umsetzung ließ noch einige Jahre auf sich warten. Erst 2010 wurden die nicht mehr benötigten südlichsten Eisenbahngleise entfernt und die verbleibenden Bahnhofsgleise umgebaut. Erhalten blieb ein denkmalgeschütztes Gebäudeensemble aus Lokschuppen und benachbartem Werkstattgebäude aus dem Jahr 1872. Es grenzt unmittelbar an den Gebäudekomplex der SV- Versicherung an. Das Hochhaus ragt aus einem überwiegend sechsgeschossigen Baukörperriegel hervor, der das anschließende Wohnquartier Lindenhof von den Bahngleisen und einer neu angelegten, parallel verlaufenden Bundesstraße akustisch abschirmt.
Hochbau
Entworfen wurde der 13-geschossige Büroturm von dem Freiburger Büro Sacker Architekten, die damit einen städtebaulichen Akzent vis-à-vis des Mannheimer Hauptbahnhofs setzen wollten. Sie entwickelten ein Ensemble aus zwei L-förmigen Baukörpern, wovon einer dem Wohnen vorbehalten ist und der andere 15.600 m² Bürofläche aufnimmt. Das Bürogebäude schützt gleichzeitig den eigenen Wohnriegel vor den besagten Lärmemissionen. Beide Baukörper bergen in ihrem Zentrum einen halböffentlichen Taschenplatz, der als Kinderspielplatz angelegt ist.
Die Fassaden des Wohn- wie auch des Büroriegels sind durch die Architekten so angelegt, dass die Nutzungen der Gebäude klar ablesbar sind. Der Büroriegel ist von einer Vorhangfassade aus Betonfertigteilen gekennzeichnet, in denen asymmetrisch geteilte, geschosshohe Fenster sitzen. Der Wohnriegel hingegen ist von loggiaartig eingeschobenen, versetzt zueinander angeordneten Balkonen geprägt, die durch eine Putzfassade separiert werden. In dem Bau befinden sich insgesamt 77 Ein- bis Dreizimmerwohnungen. Zu dem Komplex gehört ferner eine Tiefgarage mit 368 Stellplätzen. Der Wohnhausflügel wie auch die Tiefgarage werden von dem Innenhof erschlossen, der Haupteingang des Büroteils liegt jedoch an der südwestlich daran verlaufenden Glücksteinallee.
Fertigteilbau
Die Architekturbetonelemente der vorgehängten Fassade wurden von der Zuber Beton GmbH in deren Crailsheimer Werk erstellt. Sie wurden mit einem Fassadenplattenankersystem der Firma Halfen (FPA- System) vorgehängt. Dabei wurde zunächst auf die bauseitigen Rohbauwände bzw. Betonstützen eine Mineralwolldämmung aufgebracht und anschließend wurden die einschaligen Fertigteile diesem System entsprechend mit Hängezugankern und Druckschrauben bzw. mit Luftspaltdrehankern aus Edelstahl befestigt. Die Fenster wurden nicht an den Fassadenelementen, sondern direkt an der örtlichen Tragstruktur montiert. Die Sichtbetonbauteile der Fassade bestehen aus Weißzement mit einer Kieskörnung und weisen eine sandgestrahlte Oberfläche auf. Das Standardfassadenelement reicht über drei Fensterachsen, misst 7,30 m x 3,90 m. Alle Betonbauteile besitzen eine schlaffe Eisenarmierung. Für die Gebäudeecken wurden keine L-förmigen Betonfertigteile entwickelt, vielmehr fügen sich die Ecken geschossweise aus zwei aneinander gestoßenen Fertigteilen zusammen, deren Vertikalkanten auf Gehrung ausgeführt wurden.<br Die Fassadenelemente wiesen aufgrund der 13 Etagen eine große Redundanz auf, was den Aufwand im Schalungsbau erheblich reduzierte. Entsprechend wurden die Betonfertigteile nach Bauteiltypen geordnet vorproduziert und auf dem Crailsheimer Werksgelände zwischengelagert, bevor sie dem Verarbeitungsrhythmus entsprechend nach Mannheim geliefert wurden.
Transportschuhe
Die Ansicht der durchweg leicht angekanteten Fertigteile verändert sich im täglichen Spiel von Licht und Schatten beständig. Für die Realisation dieser "schleifenden Schnitte" war eine passgenaue Platzierung erforderlich. Für eine präzise Anordnung der Elemente – insbesondere übereinander – mussten diese an ihren Unterkanten recht spitz ausgeführt werden. Um nun wiederum diese Elemente aufrecht stehend frei von Beschädigungen, insbesondere ohne Kantenausbrüche, zu transportieren, mussten für sie spezielle Auflagerschuhe erstellt werden. In diese wurden die Betonbauteile beim Aufladen auf einen Schwertransporter geschoben. Für einen Liegendtransport hingegen wären die 3,90 m hohen Elemente zu breit gewesen. Tatsächlich kamen sie in einer diagonalen Lage auf die Straße.
Nachhaltigkeit
Der Gebäudekomplex ist von einer kontrollierten Wärmerückgewinnung gekennzeichnet. Insbesondere die Büroflächen werden über Betonkernaktivierung in einem hohen energetischen Standard beheizt und gekühlt. Im Kontext mit seiner kompakten Bauweise hat der Gebäudekomplex ein DGNB Zertifikat in Gold (Zertifizierung der Deutschen Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen) erhalten.
http://www.bft-international.com