Projektart:
Anfrage:
Objekt:
Ladenlokal B & B
Typ:
Showroom
Ort:
Mailand [Satellit]
Staat:
Italien
Architekt:
Materialien:
MDF-Holztafeln, Glas, Trockenbau
Publiziert:
DBZ 04/2004
Seiten:
46 - 49
Inhalt:
[Artikel]      
 

B & B Showroom in Mailand/I

Hart gegen weich

In Mailand hat der Möbelhersteller B & B sein neues Ladenlokal bezogen. Der Architekt Antonio Citterio setzt bewusst auf den Kontrast zwischen den harten, roh erscheinenden Baumaterialien und den dort präsentierten filigranen, oft weichen Objekten.
Als könnte man auch sie kaufen: Über die ganze, ansonsten zurückhaltend weiße Ladenfläche verteilt finden sich viele kleine Baukörper, als wären es zu groß geratene Ausstellungsstücke. Die Grenze zwischen Vitrine und verglastem Besprechungsseparee befindet sich dabei in einem ständigen Fluss. Obwohl die transparenten Einheiten in verschiedenen Farbtönen schimmern, ist ein einheitlicher Entwurfsstil deutlich ablesbar. Dieser gibt dem Kunden auch Aufschluss darüber, was er tatsächlich kaufen kann und was nicht: Die farbigen Glaskörper sind leider unverkäuflich. Schade eigentlich. Das Arrangement erinnert ein wenig an das Werk von Piet Mondrian. Gewissermaßen als Hommage lesbar, wäre hier sein bekanntes Spiel mit farbigen Körpern einmal dreidimensional interpretiert worden. Die Elemente aus Glas werden durch zwei massive schwarze Volumina ergänzt. Eines davon ist horizontal ausgerichtet. Scheinbar schwerelos, beansprucht es einen großen Anteil des Luftraumes im vorderen Verkaufsbereich. Der Quader entpuppt sich schnell als wenig massiv: Bei ihm handelt es sich lediglich um eine holzverkleidete Empore. Bemerkenswert ist der Kunstgriff, die Beplankung nicht bis zur Decke zu führen: Der schwebende Eindruck des dunklen Körpers wird so perfektioniert und das darüber hinwegstrahlende Licht lockt verführerisch. Folgt man über eine schmale, einläufige Treppe dieser Verlockung, so findet man sich bald in einem kleinteiligen Ausstellungsbereich für Accessoires wieder.
Der zweite schwarze Baukörper steht in der hinteren Hälfte der Ausstellung. Er besitzt eine vertikale Orientierung und erwartungsgemäß verbirgt sich ein Aufzug in ihm. Für den Besucher ist dieser Lift der einzige Zugang zu einem Mezzaningeschoss. Ein separates Fluchttreppenhaus ist im Alltag allein dem Personal vorbehalten. Die Ebene wird als Großraumbüro genutzt, in dem weitere Besprechungsräume verteilt sind. Mit einem großen Screen wird de Bereich schalldicht zum öffentlichen Verkaufsbereich abgetrennt. Von unten wirkt diese Scheibe wie ein weiteres, nur an der Decke angeordnetes Glasobjekt.
Über eine elegante Treppe gelangt der Neugierige in das Untergeschoss. War zuvor die Präsentation noch großzügig und stark auf die dritte Dimension bezogen, so wird sie hier dichter und grundrissorientierter: Es werden wandintegrierte Möbelsysteme wie Einbauküchen gezeigt, die offenen Zwischenräume bleiben dagegen Gartenmöbeln, Leuchten und Wohntextilien vorbehalten.

Material und Intention

Insgesamt streben die Architekten mit der harten, roh wirkenden Materialwahl und der dunklen Farbgebung einen größtmöglichen Gegensatz zu den hier angebotenen, oft glänzenden und weichen Designobjekten an. Gerne sprechen die Planer ihrem Entwurf einen „aggressiven Charakter der Materialien und eine bewusste Abwesenheit von Schattierungen“ zu. Ein gewisser Industrial- Touch ist nicht bestreitbar. Jedoch den mit permanentem Schmutz behafteten Charakter von rohen Wänden und rauem Beton wollten die Planer den zukünftigen Kunden doch nicht zumuten.
Der Fußboden ist ein mit schwarzen Eisenoxidpigmenten versetzter, hochglänzend polierter Betonestrich. Die eingestellten wuchtigen dunklen Baumassen erinnern mit ihrer Oberfläche an einen brettgeschalten Sichtbeton. Tatsächlich bestehen sie aus schmalen, schwarz durchgefärbten MDF- Tafeln. Selbst die Materialität der weiß getünchten Brandwände wurde veredelt: Um einen extra matten Effekt zu erzielen, kaschierte man sie vor dem Anstrich mit feiner Gaze.
Mag auch die „beseelte Darstellung des in ständiger Mutation befindlichen Geistes der Kollektionen B & B Italia und Maxalto durch einen bühnenbildartigen Showroom“, so die Wortwahl der Architekten, vielleicht etwas bemüht erscheinen, der Vergleich zu einem sich in permanentem Wandel befindliche Bühnenraum passt sehr gut: Getrost kann hier der imaginäre Vorhang aufgezogen und zur Show gebeten werden. Denn eine beeindruckende Kulisse ist sicher vorhanden.
Robert Mehl, Aachen