Projektart:
Anfrage:
Objekt:
Typ:
Schifffahrtskanal
Ort:
Panama-Stadt [Satellit]
Staat:
Panama
Architekt:
Materialien:
Beton
Publiziert:
BFT 9/2016
Seiten:
10 - 11
Inhalt:
[Artikel]  [2]      
 

Erweiterung des Panama- Kanals

Weltgrößtes zusammenhängendes Betonbauteil

Der Panama- Kanal ist sowohl auf der atlantischen wie auf der pazifischen Seite mit jeweils einer doppelten Dreifachschleusengruppe erweitert worden. Diese beiden jeweils über 1,5 km langen Bauwerke sind die aktuell größten Betonvolumina der Welt.
Bis zu diesem Sommer teilte der Panama- Kanal den internationalen Schiffverkehr in zwei Klassen auf: Panamamax galt für Schiffe bis zu einer Länge von 294,3 m, einer Breite von 32,3 m; sie konnten die 82 km lange Verbindung zwischen Atlantik und Pazifik in 12 - 15 h durchqueren. Größere, Neopanamax genannt, brauchten bislang 3 Wochen länger, da sie Südamerika umschiffen mussten.
Die bestehenden Schleusen waren zur Kanaleröffnung 1914 mit viel Reserve für die weltgrößten Schiffe ausgelegt, wurden aber spätestens mit Beginn des neuen Jahrtausends viel zu klein. 2006 beschloss der Staat Panama die Kanal- Erweiterung sowie die Neuanlage seiner Schleusen. Die 2007 begonnene kostete rd. 5,24 Mrd. $.
Kanalverlauf
Bedingt durch die S- Form Mittelamerikas, verläuft der Kanal fast in nord-südlicher Richtung. Die zum Atlantik zählende Karibik liegt nördlich von ihm, der Pazifik südlich. Im Norden beginnt der Kanal bei Cólon mit der Limón- Bay, einer gut 8 km langen natürlichen Bucht, in der Schiffe auf ihren Durchfahrtstermin warten. Die Passage beginnt mit der Einfahrt in eine Dreifachschleuse, mit der die Schiffe auf gut 30 m über N.N. angehoben werden. Nun haben sie das Niveau des einst natürlichen Gatún- Sees erreicht, der mittels eines 2.300 m langen Damms aufgestaut ist. Diese Wasserhöhe bildet das durchgehende Level dieser panamerikanischen Wasserstraße. Denn erst kurz vor dem Pazifik werden die Schiffe über die neue Dreifachschleuse, nunmehr neben dem Miraflores- See gelegen (die alte Trasse führte durch ihn hindurch), wieder auf Meereshöhe abgesenkt. Nach dem Durchqueren des Gatún- Sees führt der Panama- Kanal durch den Culebra Cut, eine künstliche Querung der Sierra Ahogyegua, einer niedrigen Hügelkette.
Realisiert wurde das gigantische Projekt durch eine ArGe aus vier Bauunternehmen, der spanischen Sacyr Vallehermoso, der italienischen Impregilo, Jan de Nul aus Belgien und der lokal in Panama ansässigen Constructora Urbana.
Weltgrößtes Betonbauteil
Alle Dreifachschleusen des Panama- Kanals halten für jede Fahrrichtung drei Kammern hintereinander vor, in welchen die Schiffe in Teilschleusungen angehoben bzw. abgesenkt werden. Dabei fahren sie von einer Kammer direkt in die nächste ein, die Kammertrennung erfolgt mit derselben Toranlage. Die neuen Schleusenkammern sind jeweils 427 m lang, 55 m breit und 18,3 m tief. Addiert man die Kammergrößen und verdoppelt infolge der Zweistreifigkeit die Breite, ergibt sich ein Gesamtbauwerk von rd. 1,5 km Länge, gut 120 m Breite sowie einer Höhe von mehr als 50 m. Tatsächlich ist die Gatún- Schleuse das aktuell größte Betonbauteil der Welt, ihr Gegenstück in Miraflores ist nur unwesentlich kleiner. Der Bau beider Schleusenneubauten erforderte zusammen 6,6 Mio. m³ Beton, was einer Tagesproduktion von rd. 6.300 m³ entspricht. Erstellt wurde er in vier Mischwerken des italienischen Betonherstellers Simen, mit Sitz in Minerbe bei Verona. Auf atlantischer wie auf pazifischer Seite errichtete der Konzern jeweils zwei Produktionsstätten, vier insgesamt. Diese liefen über die gesamte Bauzeit von gut acht Jahren nonstop durch.
Die Steuerungen dieser hocheffizienten Betonmischanlagen lieferte Dorner Electronic aus Egg. Für eine Just-in-time- Bereitstellung der notwendigen Betonmengen in geforderter Qualität bezog Simem von dem österreichischen Anlagenbauer 10 Zuschlagwaagen, 8 Zementwaagen, 4 Wasserwaagen, 8 Zusatzmittelwaagen, 4 Eiswaagen, 2 Faserwaagen sowie 4 Mischer á 4,5 m³.
Gleitschalung für Schleusenwände
An der Erstellung der Schleusenbauwerke arbeiteten 4.200 Bauarbeiter mehr als drei Jahre lang im Zweischichtbetrieb, die insgesamt eine Fläche von 2,2 Mio. m² in Gleitschaltechnik einschalten. Dabei hoben 70 Krane insgesamt 337.500 t Stahl ein, und über 30 Förderstationen für das Einbringen der obigen Betonmengen waren notwendig.
An der erfolgreichen Realisation dieses Mammutprojektes hatte die Weißenhorner Peri GmbH einen erheblichen Anteil. Insgesamt lieferte das Schalungs- und Gerüstbauunternehmen zwischen 2011 und 2014 insgesamt 1.100 Schiffscontainer an Material nach Panama, was der bislang größte Einzelauftrag in der Firmengeschichte ist. Überwiegend kam dabei das SCS Klettersystem für einhäuptige Anwendungen des süddeutschen Unternehmens zur Anwendung. Dabei handelt es sich um ein flexibles Baukastensystem mit einer mehrteiligen Konsole, das flexibel an die sich nach oben verjüngenden Dimensionen der Schleusenkammerwandungen angepasst werden konnte. Eingesetzt wurde hier die Version SCS 250 mit einem Fahrwagen, der über einen Rückfahrweg von 60 cm verfügt, womit ein ausreichend großer Arbeitsraum geschaffen werden konnte. Entsprechend der variierenden Ausbildung der Schleusenteilbereiche wurden diese Konsolen mit der Träger- Wandschalung "Vario" oder der Rahmenschalung "Trio" kombiniert. Bei dem Panama- Kanal- Projekt kamen noch weitere Traggerüstsysteme von Peri zu Anwendung, allen voran das Modell "Up Rosett". Es wurde eingesetzt bei Deckenschalungen und -tischen, insbesondere zur Errichtung sicherer Zugänge.
Kanalkapazität
Die Anzahl der Frachtschiffe der größeren Neopanamax- Klasse nahm schon vor Eröffnung der Kanalerweiterung beträchtlich zu, nunmehr können wieder 96 % aller Schiffe die panamerikanische Passage befahren (Flugzeugträger etwa sind nach wie vor größer). Zudem wurde mit der Baumaßnahme eine Verdoppelung der Passagekapazitäten erreicht, weshalb die Panama Canal Authority nunmehr von jährlichen Einnahmen in Höhe von rd. 3 Mrd. $ ausgeht.
Robert Mehl, Aachen
http://www.bft-international.com