Projektart:
Anfrage:
Objekt:
Nationalstadion
Typ:
Sportstadion
Ort:
Tokio [Satellit]
Staat:
Japan
Architekt:
Kengo Kuma 🔗, Tokio
Materialien:
Beton, Stahl, Holz
Publiziert:
structure 04.03.2020
Seiten:
online
Inhalt:
[Artikel]      
 

Neues Nationalstadion von Tokio

Hamburger im Volksmund

Im neuen Nationalstadion von Tokio werden im Sommer 2020 die Olympischen Spiele ausgetragen. Der Entwurf von Kengo Kuma ersetzt an gleicher Stelle einen Vorgängerbau von 1958. Der Volksmund taufte den Neubau aufgrund seines abgerundeten Stahl- Holzdaches „Hamburger“.
Nach den Olympischen Sommerspielen 2020 wird das neue Nationalstadion hauptsächlich als Rugbystadion weitergenutzt. Angelegt ist es als Fußballstadion mit einer umgebenden Leichtathletikkampfbahn. Entsprechend sind seine Zuschauerränge weniger steil angeordnet als im heutigen, internationalen Fifa- Standard üblich. Der im November 2019 eingeweihte Neubau ersetzt am identischen Standort seinen gleichnamigen Vorgänger aus dem Jahr 1958.
Beschlossen wurde der Stadionneubau 2012 im Zuge der Bewerbung Tokios als olympischer Austragungsort. Zu dem daraufhin ausgelobten Architekturwettbewerb gab es 46 Eingaben, aus denen der Entwurf von Zaha Hadid Architects (ZHA) als Sieger hervorging. Der für das Büro typische amorphe Entwurf, der seinerzeit als „Fahrradhelm“ verspottet wurde, sprengte jedoch erheblich den gesetzten Kostenrahmen von 2,33 Mrd. Euro. Nach verschiedenen Umplanungen, die jedoch nicht ausreichend die Kosten senkten, wurde das Projekt durch den japanischen Premierminister Shinzō Abe persönlich gestoppt. Als im November 2015 von der japanischen Regierung die neue Kostenobergrenze auf rund 1,3 Mrd. Euro festgelegt wurde, standen nur noch zwei Entwürfe zur Wahl. Einer war von Toyo Ito, der andere von Kengo Kuma, auf den schlussendlich die Wahl fiel.
Ökologischer Anspruch
Bis Mai 2017 dauerten die Aushubarbeiten an, an die sich die dreimonatigen Tiefbauarbeiten anschlossen. Danach wurde mit dem Rohbau begonnen, der von zwei Lagen stählerner Rundstützen geprägt ist. Von denen steht jedoch nur die untere senkrecht, die obere hingegen neigt sich stark nach innen. Darauf ruht ein hölzernes Dachtragwerk, dessen Zugbalken und Pfetten aus Zedernbalkenschichtholz bestehen. In der Untersicht ist die Konstruktion mit auf Lücke liegenden Lärchenholzbohlen beplankt. Das Dach besitzt insgesamt ein Gewicht von 19.000 t und teilt sich in 108 Segmente auf, die kreisförmig die mittige, jedoch verschließbare Dachöffnung umgeben. Die tortenstückartigen Dachelemente sind bis zu 60 m breit, 15 m lang und bis 180 t schwer. Aufgrund des Platzmangels an der innerstädtischen Baustelle konnten maximal nur 14 dieser Bauteile gleichzeitig montiert werden.
Die Firstlinie des vorgespannten Daches liegt bei gut 47,40 m über Grund. Die Stadionränge umgeben drei Ringe einer außen liegenden Erschließung, die mit Bäumen und Sträuchern bepflanzt sind, da sich das Stadion in die Natur einfügen soll. Zusätzlich entsteht um das Stadion herum eine baumbestandene Parklandschaft. Seine begrünt-offene Fassade dient zudem als Belüftung des 68.089 Zuschauer fassenden Innenraums. Beim Bau wurde auf den Einsatz natürlicher Materialien, insbesondere von Holz, geachtet. Neben der Fassade und der Dachunterkonstruktion kommt dieses auch beim Innenausbau der Umkleidekabinen und der Logen zum Einsatz. Das Holz stammt aus allen 47 Präfekturen Japans.
Nach nur dreijähriger Bauzeit wurde der Neubau am 21. November 2019 unter Anwesenheit von Premierminister Abe feierlich eröffnet. Mit 1,21 Mrd. Euro überschreitet er nur geringfügig die zunächst veranschlagten Kosten von 1,18 Mrd. Euro. Schnell taufte der Volksmund das Stadion aufgrund seiner runden Form und seiner braunen, aufwärts strebenden Holzbeplankung „Hamburger“.
Robert Mehl, Aachen
https://www.structure-magazin.de/artikel/hamburger-im-volksmund-neues-nationalstadion-von-tokio-35272