Projektart:
Anfrage:
Objekt:
Typ:
Tagung
Ort:
Duisburg [Satellit]
Staat:
Deutschland
Architekt:
Veranstalter: bauforumstahl 🔗
Materialien:
Publiziert:
metallbau 11/2021
Seiten:
58 - 59
Inhalt:
[Artikel]      
 

14. Fachtag Brückenbau vom bauforumstahl, Duisburg

Bauherren und Baufirmen: Miteinander, nicht gegeneinander

Der im September 2021 in Duisburg durchgeführte 14. Fachtag Brückenbau war geprägt von dem Thema der nahebei entstehenden Autobahnbrücke Neuenkamp der A40 über den Rhein. Deren Baustelle wurde im Anschluss an die Tagung besichtigt. Die Projektbeteiligten haben zudem eine Leitlinie unterschrieben, in der sie sich zum partnerschaftlichen Handeln im Sinne des Bauwerks verpflichten.
"Duisburg hat mit über 700 Brücken deutlich mehr als Venedig!“ und er könne sich mit diesem weit überdurchschnittlichen Bestand kaum einen geeigneteren Veranstaltungsort für einen Brückenbautag vorstellen! Mit dieser Feststellung überraschte Andree Haack, Beigeordneter der Stadt Duisburg für Wirtschaft, Sicherheit und Ordnung, in dessen Verantwortung auch die kommunalen Verkehrsbauten liegen, nicht wenige Teilnehmer des 14. Fachtages Brückenbau. Er stellte zudem fest, dass in Duisburg allein die Brückenüberbauungen eine Fläche von 165.000 m² einnehmen und dass der Rheinbrücke Neuenkamp eine Schlüsselfunktion in der Verkehrsplanung der Stadt zukommt.
Die mit weit über 100 Teilnehmern hervorragend besuchte Veranstaltung fand wegen des sich gerade im Entstehen befindlichen Ersatzneubaus in Duisburg statt. Der Vorsitzende der Fachgemeinschaft Brückenbau des bauformstahl, der geschäftsführende Gesellschafter der Linzer MCE GmbH Dr.-Ing. Dieter Reitz, hatte als Auftragnehmer bei diesem Bauvorhaben eine Baustellenbesichtigung der Brücke ermöglicht. Diese entsteht derzeit flussaufwärts neben der Bestandsbrücke, soll 2023 teilweise in Nutzung gehen und 2026 endgültig fertiggestellt sein.
Der Beigeordnete Haack verwies in seinem Grußwort darauf, dass die Autobahnbrücke Neuenkamp nicht nur die links- und rechtsrheinischen Kaianlagen des größten europäischen Binnenhafens mit einander verbindet, sondern dass sie zudem auch eine wichtige Fernverbindung zwischen den osteuropäischen Staaten und den Nordseehäfen in Belgien und den Niederlanden darstellt. Aktuell passieren die 1970 fertiggestellte und seinerzeit für 30.000 Fahrzeuge pro Tag ausgelegte Brücke weit über 100.000 Fahrzeuge. Davon sind 10.500 Fahrzeuge, also mehr als 10 %, dem Schwerlastverkehr zuzurechnen; es handelt sich also um LKW, die mehr als 40 t Gesamtgewicht aufweisen und eigentlich überhaupt nur mit Sondergenehmigung auf die Straße dürften. Deshalb wurde an der Brücke eine entsprechende Waage eingerichtet, die nur bei diesen ohnehin unzulässigen Fahrzeuglasten anspricht.
Die Tagung fand nicht nur aus Gründen der räumlichen Nähe zur Rheinbrücke Neuenkamp in der Schauinsland- Arena statt, dem Stadion des bekannten Fußballvereins MSV Duisburg. Gewählt hatte man den weitläufigen Lounge- Bereich der VIP- Zone auch aus Erwägungen des Infektionsschutzes.
Die Autobahn GmbH
Die Tagung begann mit dem Vortrag des Abteilungsleiters Bau bei der Autobahn des Bundes GmbH, Herrn Dipl- Ing. Rainer Siegel. Seit Jahresbeginn 2021 liegt in der Hand dieser bundeseigenen Gesellschaft die Verwaltung, Pflege und der Ausbau des deutschen Autobahnnetzes. Rainer Siegel beschrieb die Aufgaben und Kompetenzen der GmbH, in deren Verantwortung nun rd. 13.000 Autobahnkilometer und ein jährliches Investitionsvolumen von 5 Mrd. Euro liegen.
Gegründet wurde die Autobahn GmbH im September 2018, ihr obliegen nunmehr 28.000 Brückenteilbauwerke, 550 Tunnel, 200 Standorte und Liegenschaften mit einem Gesamtwert von 200 Mrd. Euro. Derzeit verfügt die Gesellschaft über rd. 12.000 Mitarbeiter, sie will mittelfristig auf rd. 13.000 anwachsen.
Neue Eisenbahnbrücke Linz
Auf diesen folgte der Vortrag der Projektleiterin der MCE GmbH, Frau Dipl.-Ing Barbara Stelzer, die verantwortlich für den Bau der neuen Eisenbahnbrücke in Linz ist. Das Projekt, bei dem es sich ebenfalls um einen innerstädtischen Ersatzneubau handelt, wird ausführlich an anderer Stelle in der Zeitschrift metallbau behandelt werden.
Kurz zusammengefasst handelt es sich hierbei um eine Zuggurtbrücke oder eine "Unechte Hängebrücke", dadurch gekennzeichnet, dass die Brückenpfeiler nicht die realisierten drei Bogenstellungen separieren, sondern dass je ein Pfeiler mittig unter einem Bogen steht, was aus statischer Sicht zu einem völlig überhöhten Stahlbedarf führt. Das Bauwerk ging aus einem internationalen Architekturwettbewerb hervor, den das französische Büro Marc Mimram gewonnen hat.
Interessant ist auch, dass die Brücke bezogen auf ihren Mittelpfeiler punktsymmetrisch angelegt ist, über zwei Mittelfelder mit einer Spannweite von 120 m und zwei Aussenfelder mit einer Spannweite von 78 m verfügt und dass jedes Detail in identischer Ausrichtung und Dimension genau zweimal hergestellt wurde. Darüber hinaus verfügt Der Brückenbau über sechs zentrale Knotenpunkte aus Gussstahl, die jeweils 14,35 t wiegen und die immer paarweise oberhalb der drei Brückenpfeiler angeordnet sind.
Gesprächsrunde "Brücken aus Stahl"
Der Vormittag endete mit einer ungefähr halbstündigen Gesprächsrunde zum Thema "Brücken aus Stahl – mit Hightech in die Zukunft". Teilnehmer waren Dr. Dieter Reitz, Geschäftsführer der MCE GmbH und Vorsitzender der Fachgemeinschaft Brückenbau, Reiner Temme, Geschäftsführer der Temme Stahl- und Industriebau GmbH und Präsident des Deutschen Stahlbau- Verbandes, Rainer Siegel, Abteilungsleiter Bau, Die Autobahn GmbH des Bundes, und Dr. Heinrich Bökamp, Präsident der Bundesingenieurkammer und der Ingenieurkammer- Bau NRW.
Ein Thema war die sich stetig drehende Negativspirale in der Bauwirtschaft: Es gäbe zunehmend kein Miteinander mehr, sondern nur noch ein Gegeneinander, das vorwiegend im juristischen Bereich ausgetragen werde. Dr. Dieter Reitz wies darauf hin, dass bei dem Projekt Neuenkamp nunmehr der Versuch gestartet wurde, diese Spirale zu durchbrechen: Gemeinsam mit der Bauherrschaft der DEGES, in Person von Dipl.-Ing. Knut Ewald, wurde eine Leitlinie unterschrieben, in der man sich verpflichtet, künftig partnerschaftlich und gemeinsam im Sinne des Bauwerkes zu agieren. Man möchte Probleme frühzeitig thematisieren und diese konstruktiv wie zeitnah lösen. Der Hauptauftragnehmer des Projektes, die Hochtief AG, unterstützt diese Initiative voll umfänglich.
Bestandsanalysen Stahlbrücken
Nach der Mittagspause stellte Herr Dipl.-Ing. Heinz Friedrich von der Bundesanstalt für Straßenwesen (BASt) seine Bestandsanalyse zu Stahlbrücken im Bundesfernstraßennetz vor. Der Statistik war eine wichtige Erkenntnis zu entnehmen, obwohl ein kundiges Auge notwendig war, um diese zu entdecken: 2.746 der derzeitigen Teilbauwerke sind aus Stahl, also etwa 10 % des rd. 28.000 Einheiten umfassenden Bestands. Teilbauwerke beschreibt Brücken, die aus baulich getrennten Fahrtrichtungen bestehen, die für sich genommen standfest sind und mit Einschränkungen das jeweilige Verkehrsaufkommen bewältigen können.
Friedrich stellt fest, dass der niedrige Prozentsatz zwar auf eine geringe Zahl von Brücken hinweist, dass es sich bei diesen aber um die großen und wichtigen Brücken handelt. Stutzig gemacht hätte ihn dann jedoch die mittlere Länge von 38 m. Ursächlich hierfür ist, dass zu den Brücken nicht nur die eigentlichen Autobahnbrücken, sondern auch deren Querungen zählen. Dabei kann es sich zum einen um Fußwege sowie Radfahrbrücken und Wirtschaftswege handeln; zum anderen zählen dazu aber auch die zahllosen Wellstahlbauwerke, mit denen eine Autobahn etwa eine Eisenbahntrasse unterquert oder die einen Autobahndamm kreuzen. Sie gelten vielfach nicht als Tunnel, sondern als Brücken. Nimmt man diese aus der Statistik heraus, erreicht man eine durchschnittliche Länge von 260 m.
Friedrich stellt zudem fest, dass der Erhaltungszustand der Stahlbrücken in dem neu eingeführten Bewertungssystem für Brückenbauwerke in der Regel als schlecht eingestuft wird. Das liegt aber vornehmlich an einer Bestimmung, die regelt, dass alle vor 1978 erstellten Bauwerke nachzurechnen sind. Da dies auf einen Großteil der Stahlbrücken zutrifft, mag sich diese Bewertung mit zunehmender Nachrechnung noch ändern.
Korrosionsschutz im Stahlbau
Der zweite Vortrag am Nachmittag wurde von Frau Dipl.-Chem. Brigitte Mauch gehalten. Sie stellte darin die neuen Regelwerke der ZTV- Ing. vor und ging dabei insbesondere auf den Teil 4, Abschnitt 3 ein.
Rheinbrücke Neuenkamp
Der letzte große Schwerpunkt der Tagung fokussierte sich auf den Neubau der Rheinbrücke Neuenkamp und bestand aus zwei Vorträgen. Zunächst stellte der Projektleiter auf der Bauherrenseite bei der Deutsche Einheit Fernstraßenplanungs- und -bau GmbH (DEGES), Herr Dipl.-Ing. Knut Ewald, das Infrastrukturprojekt A40 im Bereich Neuenkamp im Ganzen vor.
Anschließen schilderte der Bereichsleiter Brückenbau bei der Linzer MCE GmbH, Herr Dipl.-Ing. Günther Dorrer, s Realisierungskonzept der Brücke Neuenkamp. In der anschließenden Fragerunde wurde Günther Dorrer die Frage gestellt, ob Building Information Modeling (BIM) ein Thema bei diesem Projekt sei. In seiner Antwort weist er darauf hin, dass die Ingenieure von MCE das Projekt natürlich in 3D am Rechner geplant haben, dabei jedoch keinen BIM- Index hinterlegt haben. Abschließend stellt er fest, dass man solche Projekte auch noch ohne BIM abwickeln kann.
Robert Mehl, Aachen

https://www.metallbau-magazin.de/artikel/mb_14._Fachtag_Brueckenbau_3702455.html
Die Tagung fand statt in der VIP-Lounge der Schauinsland-Reisen-Arena in Duisburg, dem Stadion des Fußballvereins MSV Duisburg
Begrüßung durch Dr.-Ing. Dieter Reitz, MCE GmbH, Linz
Dipl.-Ing. Barbara Stelzer, Projektleiterin Donaubrücke Linz, MCE GmbH, Linz
Andree Haack, Beigeordneter der Stadt Duisburg für Wirtschaft, Sicherheit und Ordnung
Gesprächsrunde: Brücken aus Stahl - mit Hightech in die Zukunft
Dipl-Ing. Heinz Friedrich, Bundesanstalt für Straßenwesen - BASt, Bergisch Gladbach
Dipl.-Ing. Knut Ewald, DEGES, Berlin
Dipl.-Ing. Günter Dorrer, MCE GmbH, Linz