Projektart:
Anfrage:
Objekt:
Digitalisierung im Treppenbau
Typ:
Stahltreppen
Ort:
diverse
Staat:
Deutschland
Architekt:
diverse
Materialien:
Stahl
Publiziert:
metallbau 3/2024
Seiten:
42 - 44
Inhalt:
[Artikel]      
 

Digitalisierung im Stahltreppenbau

Es geht nicht mehr ohne!

Uns interessierte, inwieweit die Digitalisierung in den Stahltreppenbau Einzug gehalten hat. Dazu haben wir – in nicht repräsentativer Weise – zehn, uns bekannte Stahlbauunternehmen befragt. Die Antworten geben interessante Impulse.
"Man geht mit der Zeit oder man geht mit der Zeit!" – so könnte man die Essenz der kleinen Redaktionsumfrage auf eine bekannte Binsenweisheit herunter brechen. Wir wollten wissen, inwieweit die Digitalisierung Einzug in den handwerklichen Alltag des Stahltreppenbaus genommen hat. Interessant ist, wie weit das Antwortspektrum reichte: Von betont entspannt und sorglos bei einer Beibehaltung der tradierten Produktionsformen bis hin zu einem durchdigitalisierten Investitionsgeist, deren Vertreter mittelfristig den Untergang des anderen Lagers prophezeien.
Unstrittig ist jedoch bei allen Befragten der computergenerierte Einsatz von CAD- Zeichnungen. Niemand stellt in Frage, dass ein Konstruktionsbüro vorzuhalten ist, um digitale Pläne der Auftraggeber zu öffnen oder um gewünschte Konstruktionen mit CAD- Programmen anzulegen. Verwendet werden dazu vorrangig "SolidWorks" der "SolidPro GmbH" und "HiCAD" der "ISD Software und Systeme GmbH". Eine Firma arbeitete hingegen mit "Metall 3D" der "Tenado GmbH", worauf später noch eingegangen wird.
Interessant ist auch, an welcher Stelle die digitale Produktionskette einsetzt, an welcher Stelle sie aus welchem Grund unterbrochen wird – und wo sie schließlich endet. Hier haben die Firmen uns gegenüber teilweise offen ihre Strategien dargelegt. Aufgrund dieser vertraulichen Informationen werden wir diese Firmen nicht direkt benennen.
3D- Scanner für die Baustelle
Bei einem Projekteinstieg wollten wir wissen, wie das Aufmass vor Ort erstellt wird. Das betrifft vor allem Bestandsprojekte, für die es in der Regel keine Pläne gibt, aber auch den Neubaubereich, in dem bereits vorhandene Pläne überprüft und ggf. angepasst werden müssen. Zu den bewährten Aufmassmethoden mit Maßband und Laserdistanzmesser (Disto) gewinnt das automatisierte Messverfahren mit einem Laserscanner zunehmend an Bedeutung. Allerdings räumten nur drei der befragten Betriebe ein, damit zu arbeiten. Immer wieder wurde eine Nichtverwendung damit begründet, dass der Metallbauer zu einem Zeitpunkt auf der Baustelle erscheine, in dem dieselbe weitgehend eingerüstet sei und damit zu viele Scanschatten entstünden. Ein 3D- Scanner arbeitet wie ein menschliches Auge: Nur das, was auch ein Mensch von dem jeweiligen Scanner- Standort sehen kann, wird tatsächlich gescannt. Von einem anderen Gegenstand verdeckte Bereiche werden nicht erfasst. Eine einfache Lösung für dieses Problem ist das mehrfache Scannen desselben Raums von verschiedenen Standorten aus. Diese Messungen werden mit geeigneten Programmen verknüpft, d. h. die im Scan erzeugten Punktwolken werden "trianguliert". Tatsächlich wird dieses Verfahren in der Denkmalpflege seit Jahren erfolgreich praktiziert. Ein Metallbauer gibt an, dass er bereits während des frühen Rohbaus einen ersten Grobscan macht und diesen zur gegebenen Zeit mit weiteren Scans verfeinert.
Empfehlenswert ist eine Kosten- Nutzen- Rechnung: Was kostet eine temporäre Gerüstdemontage für einen gerüstfreien Scan gegenüber den Mehrkosten für Planung und Aufmass? Diese Überlegungen sprechen bei einem hochwertigen Einfamilienhaus mit einer teuren Innentreppe eher für eine Gerüstdemontage, bei einer Fassadensanierung eines langgestreckten Geschosswohnungsbaus, der zusätzlich äußere Fluchtreppen erhält, eher nicht.
Schnittstelle zum CAD
Ein spannender Punkt ist auch das Einlesen erfolgreich getätigter und entsprechend aufbereiteter 3D- Scans in verschiedene CAD- Programme. Dem Vernehmen nach bereitet dieses Vorgehen dem Programm "HiCAD" keine Probleme. Manche Stahlbauer kritisieren aber daran, dass mit "HiCAD" nicht ohne weiteres alles dargestellt werden kann, was ein Architekt ersonnen hat. Deswegen arbeiten einige Handwerker lieber mit dem Konkurrenzprogramm "SolidWorks". Dieses Programm hat jedoch den Nachteil einer maximalen Messpunktmenge von rd. 1 Mio. Punkten. Kompensiert werden kann dieses Problem mit einem Schnittstellenprogramm, das die Punktwolken eines 3D- Scans in vektorbasierte Dateien umrechnen und damit einen signifikant kleineren Datensatz erzeugen kann. Eine dritte Option bietet die Bochumer "Tenado GmbH" mit ihrer Messapplikation für ihr Programm "3D Metall". Als Hardware wird ein Hybridgerät aus einem klassischen Tachymeter (digitaler Theodolith) und einem einfachen 3D- Scanner eingesetzt. In der Tachymeter- Funktion strahlt das Gerät einen permanenten Laserstrahl aus, mit dem man die Flächen manuell abfährt und jeweils die Enter- Taste betätigt, sobald man einen Eck-, Knoten- oder Endpunkt erreicht hat. Damit wendet man eine Arbeitsweise an, die bei Bauforschern seit nunmehr 25 Jahre fest etabliert ist und schafft vor Ort direkt eine Vektorgrafik. Die Scan- Funktion wird bei komplizierten Details eingesetzt, vor allem bei Rundungen, wie etwa bei Fensterbögen. Der Nachteil dieser Art von Baustellenerfassung ist der größere Zeitaufwand eines Mitarbeiters vor Ort. Diese verkürzt jedoch die bei einem 3D- Scan erforderliche Nacharbeit im Zeichenbüro.
Papierlose Werkstatt
Von den befragten zehn Unternehmen drucken neun die in ihren Konstruktionsbüros erstellten Ausführungspläne aus und reichen diese an ihre Produktion weiter. Sieben Unternehmen geben als Grund dafür ihre traditionellen Fertigungswege an. Eines der Unternehmen hat sich von der bei ihm bereits eingeführten, papierlosen Produktion bewusst wieder abgewandt aufgrund der großen Mengen an anfallendem, metallischem Schleifstaub. Dieser Staub ist in der Regel magnetisch, sehr fein und dringt über die Lüfter in die Computer ein. Er setzt sich zuerst an die magnetischen Lüfter- Motoren, schädigt diese und legt sich dann auch auf die Platinen, womit es zu teuren Kurzschlüssen kommt. Die Betriebsführung bezeichnet diese kurze, papierlose Produktionsphase als ausgesprochen kostspielig. Und ein Unternehmen nutzt sowohl die digitale als auch die analoge Planzeichnungsdarstellung. Darauf wird weiter unten noch eingegangen.
Lediglich ein einziger Betrieb arbeitet also tatsächlich papierlos. Dieser Betrieb kompensierte das Schleifstaubproblem mit zwei praktischen Maßnahmen: Zum einen werden nur lüfterlose Endgeräte – Tablet- PCs und i-pads – eingesetzt, zum anderen hat jeder einzelne Werkstattarbeitsplatz – auch die ohne Großgeräte – eine kleine Einhausung, in der das digitale Gerät jeweils untergebracht ist. Diese wird nur dann geöffnet, wenn der Computer bedient wird – und dann ruhen in der Regel alle anderen Arbeiten, insbesondere die schleifstaubintensiven. Das Konzept funktioniert wunderbar, denn es ist natürliches Verhalten, in den Momenten einer sichtbaren Staubwolke intuitiv die Einhausung geschlossen zu halten, vielleicht selbst mit etwas Abstand eine kleine Atempause zu machen und erst dann die Einhausung zu öffnen, wenn sich der Staub wieder etwas gelegt hat.
Säge- Bohr- Kombi, Feinplasma und Alternativen
Sind nun die entsprechenden Konstruktionszeichnungen erstellt, mit den Kunden abgestimmt und freigegeben, bieten die erwähnten Programme mehr oder weniger komfortabel die Möglichkeit, die Einzelbauteile einer Gesamtkonstruktion zeichnerisch zu isolieren und deren Längen, Bohrungen sowie Ausklingungen individuell zu vermaßen. Diese können dann als Ausdrucke in die Produktion gegeben oder in digitale Steuerdateien umgewandelt werden für entsprechende Fertigungsstraßen.
In unserer Ausgabe 1-2/2023 haben wir bereits eine Markier- Fräs- Säge- Bohr- Anlage von Vernet Behringer sowie HBP410-723G vorgestellt, die bei Rosenhagen GmbH in Burgwedel zum Einsatz kommt. Die Ruf & Keller GmbH & Co. KG in Watterdingen arbeitet hingegen mit einer CNC- Feinplasma- Anlage MasterCut Eco Plus 6001.15 von MicroStep. Die im österreichischen Bleiburg ansässige Matschek Glas- Metall GmbH geht den pragmatischsten aller Wege und fährt – wie weiter oben bereits angedeutet – zweigleisig. In ihrem Zeichenbüro werden von allen Bauteilen die erforderlichen Konstruktionszeichnungen digital erstellt. In der Regel werden die benötigten Stahlbauteile dann vorkonfektioniert bei Großhändlern bestellt oder bei Lohnfertigern in Auftrag gegeben. Diese Bestellungen erfolgen mit dem digital angelegten Planmaterial. In Ausnahmefällen werden jedoch Einzelteile auch in der eigenen Werkstatt produziert, und dafür werden die Zeichnungen tatsächlich ausgedruckt. Idealerweise werden aber alle Bauteile extern hergestellt und von den eigenen Mitarbeitern dann vor Ort montiert.
Trends im Treppenbau
Einhellig geben alle befragten Metallbauunternehmen an, dass bei Geländern – innen wie außen – überwiegend Flachstahlkonstruktionen nachgefragt werden. Geländer, deren Ober- und Untergurte aus Rundrohren bestehen, sind "out". Gewünscht werden möglichst massive Flachstahlbänder wie etwa 50/12 mm. Da aber der Stahlpreis nach Gewicht geht und es kaum Projekte ohne einen Kostendruck gibt, werden oft nur 50/8 mm- Ausführungen gewählt. Bei den Geländerfüllungen ist weiterhin alles opportun, nicht selten werden jedoch vertikale Stahlbänder in Gurtbreite (also meist 50 mm) gewünscht.
Auch die Rolle des Handlaufs hat sich gewandelt: Der Standard ist nicht mehr ein Edelstahlrundrohr, das auf dem Flachstahlobergurt aufsitzt: Vielfach wird der Obergurt bis zu einer Höhe von 1,10 m hochgezogen und dient selber als pulverbeschichteter Handlauf. Gerne nachgefragt werden auch hölzerne Einlegearbeiten in die Edelstahlhandläufe sowie Holzhandläufe (bei Innentreppen) aus dem gleichen Holz (und vorzugsweise in derselben Maserung) wie die hölzernen Treppenstufen. Bei Außentreppen überwiegt weiterhin die Feuerverzinkung und das Arbeiten mit Gitterrosten als Stufen, man trifft sie aber auch für die Geländergefache an. Was gar nicht mehr bei Außentreppen nachgefragt wird, sind Tropenhölzer für Stufen und Handläufe.
Fazit
Viele Betriebe geben an, dass sie meist Treppen als Einzelstücke herstellen und sich deshalb in ihren Betrieben keine digitalisierte Produktion lohne. Ein Metallbauer kontert, dass sich 40 Arbeitsstunden für eine digital erstellte technische Zeichnung bei einer Ausführungszeit von 100 Arbeitsstunden definitiv lohnen kann. Nur dadurch können die Kunden in Renderings das Produkt vor der Lieferung sehen, was für sie ein automatischer Benefit sei – und das in einer möglichst hohen Detailschärfe. Dazu würde heutzutage eine enorme Maßgenauigkeit erwartet, die letztlich nur digital in vertretbarem Aufwand erreichbar ist.
Schließlich gibt es noch den Fehlerfaktor Mensch: Im analogen Weg muss dieser zunächst fehlerfrei vor Ort ein Aufmaß erstellen, dieses dann ohne Zahlendreher notieren, dann muss jemand dieses Aufmaß fehlerfrei in eine technische Zeichnung überführen. Dabei zeigt sich oft, dass irgendein Maß noch fehlt, was eine Extratour zur Baustelle erfordert. Auch dieser (meist unkalkulierte) Mehraufwand entfällt bei einem Scan.
Als Fazit ist festzustellen, dass nicht nur ein Treppenbauprojekt möglichst früh digital bearbeitet werden sollte: Die Produktion sollte möglichst umfassend digital begleitet werden. So werden Fehlerquellen minimiert, eine höhere Genauigkeit gewährleistet und ein besserer Projektüberblick geschaffen.Robert Mehl, Aachen