Projektart:
Anfrage:
Objekt:
Typ:
Superschlankes Wohnhochhaus
Ort:
New York [Satellit]
Staat:
USA
Architekt:
Rafael Viñoly 🔗, New York
Materialien:
Ultrahochleistungsbeton
Publiziert:
SBD 04/2018
Seiten:
22 - 23
Inhalt:
[Artikel]  [2]      
 

Super schlanke Wohnhochhäuser, New York

Striche in der Landschaft

Büroflächen gibt es in New York genügend, aber zum Wohnen ist der Baugrund schier unerschwinglich. Das Ventil ist die Höhe. Da Geld hier keine Rolle mehr spielt, werden unter Ausreizung des technisch machbaren Minimalgrundrisse in den Himmel extrudiert.
Die weltweit niedrigen Zinsen und der explodierende Wohnungsmarkt in New York City haben derzeit zur Folge, dass dort in exklusiver Central- Park- Nähe Wohnhochhäuser verstärkt realisiert werden. Da die exorbitant teuren Grundstücksflächen nur selten über die einer regulären New Yorker Blockrandbebauung hinausgehen, sind sie allein über eine immens gesteigerte Gebäudehöhe gegenzufinanzieren. So entstehen verstärkt superschlanke Wohnhochhäuser, so genannte Super Slender Skyscraper, die alle Maßstäbe hinsichtlich Kosten und Konstruktion sprengen.
Für offizielle 1,35 Mrd. USD hat der aus Uruguay stammende US- Architekt Rafael Viñoly nahe dem Central Park in der 432 Park Avenue auf einer Grundfläche von 28 m x 28 m ein 426 m hohes Wohnhochhaus errichtet; sein Schlankheitsgrad beträgt damit 15:1. Lange galt so ein Höhe/Grundrisslängenverhältnis als unbaubar. Die Twin- Towers des World- Trade- Centers hatten gerade einmal 7:1. Nun entsteht nur vier Blocks weiter in der 111 West 57th Street mit dem Steinway Tower ein Bau, der einmal 435 m hoch werden und einen Schlankheitsgrad von 24:1 haben soll. Und auch das Architekturbüro Herzog de Meuron hat in der 56 Leonard Street mit dem ob seiner verschachtelten Bauweise oft als "Jenga- Tower" angesprochenen Wohnhochhaus hierzu seinen architektonischen Beitrag geliefert.
Allen Häusern gemein ist ihre die Konstruktion erschwerende Wohnfunktion: Während bei Bürohochhäusern noch ein geringfügiges Schwanken toleriert wird, ist dies bei Residenzen für Superreiche undenkbar. Große Wassertanks werden daher als Schwingungsdämpfer in die Turmspitzen eingehängt, die ein windbedingtes Schwanken mit Massenträgheit bremsen. Auch ist die Außenhaut essentieller Teil des Tragwerks: Sie wirkt aussteifend wie ein Grashalm und ist wie dieser über Knoten - meist versteckt eingebaute Diagonalverbindungen - zusätzlich mit dem Gebäudekern verbunden. Beim Viñoly- Bau sind das vier Technikgeschosse in einer halboffenen Bauweise. Einfallende Winde umströmen hier zusätzlich ein zentrales, zylindrisches Betonvolumen. So entsteht ein den Turm stabilisierender Sog, ähnlich einer Flugzeugtragfläche.
Eine andere Besonderheit im New Yorker Hochhausbau ist der zwingende Erwerb von Verschattungsrechten. Die "zoning lot merger" ermöglichen es Investoren, diese von der niedrigeren Umgebungsbebauung zu erwerben und sie über ihrem Grundstück zu stapeln.
Solche kostspieligen Spitzfindigkeiten wollen bezahlt sein; der Viñoly- Turm etwa zählt auf 54 Etagen 106 Eigentumswohnungen. Der Einstiegspreis für eine 3-Zimmer- Residenz beträgt derzeit 16,9 Mio. USD, ein komplettes Penthousegeschoss ist für rd. 82 Mio. USD erhältlich. Obgleich die meisten Wohnungen schon verkauft sind, stehen viele weiterhin unausgebaut leer - ein Status, der gerade für Investoren besonders attraktiv ist.
Robert Mehl, Aachen